Veröffentlichung der NS-Raubkunst nur «ein erster Schritt»

Nach massivem Druck aus dem In- und Ausland treiben die deutsche Bundesregierung und Bayern die Aufklärung zum spektakulären Münchner Kunstschatz voran. Am Montagabend wurde eine erste Liste von 25 Bildern mit möglichem NS-Raubkunsthintergrund veröffentlicht.

Otto Dix "Selbstportrait Rauchend" (Archiv) (Bild: sda)

Nach massivem Druck aus dem In- und Ausland treiben die deutsche Bundesregierung und Bayern die Aufklärung zum spektakulären Münchner Kunstschatz voran. Am Montagabend wurde eine erste Liste von 25 Bildern mit möglichem NS-Raubkunsthintergrund veröffentlicht.

Sie steht auf der Internet-Plattform lostart.de der Koordinierungsstelle Magdeburg. Eine mindestens sechsköpfige Expertengruppe soll die Herkunft aller Bilder, darunter Werke von Max Liebermann, Henri Matisse und Otto Dix, aber auch alte Meister wie Canaletto, recherchieren.

Der NS-Raubkunstforscher Willi Korte hält die Veröffentlichung der ersten Liste von Bildern für nicht ausreichend. «Die Bundesregierung hat einen ersten Schritt getan, um Druck von sich zu nehmen», sagte Korte am Dienstag der Nachrichtenagentur dpa. Die «entscheidende Frage», wie mit den Bildern aus der Sammlung des Kunsthändlersohns Cornelius Gurlitt umgegangen werden solle, sei «nicht geklärt».

Die Bundesregierung habe wegen der Geheimhaltung des Kunstfundes «Prügel bekommen, weil sie sich international verpflichtet hat, zur Provenienzforschung und Restitution beizutragen», sagte Korte, der seit fast 30 Jahren in Washington lebt.

590 Werke möglicherweise Raubkunst

In Gurlitts Wohnung im Münchner Stadtteil Schwabing waren im Februar 2012 rund 1400 Werke gefunden worden. Erst vor eineinhalb Wochen wurde der spektakuläre Fund bekannt.

Nun gibt es erstmals konkretere Angaben: Demnach sind laut Staatsanwaltschaft Augsburg 970 der gut 1400 Werke zu überprüfen. Davon könnten 380 Werke dem Bereich der von den Nazis sogenannten «entarteten Kunst» zugeordnet werden, die von ihnen aus Museen und Sammlungen beschlagnahmt wurden. Bei rund 590 Werken müsse überprüft werden, ob ein «NS-verfolgungsbedingter Entzug» vorliegen könnte.

Die Provenienz-Experten sollen parallel zum Ermittlungsverfahren der Augsburger Staatsanwaltschaft arbeiten. Die Fragen zur Restitution könnten «in einem Strafverfahren allein nicht hinreichend geklärt werden», hiess es in einer gemeinsamen Pressemitteilung der beteiligten Ministerien von Bund und Bayern.

Die Leitung der «Taskforce» übernimmt die frühere Ministerialdirektorin Ingeborg Berggreen-Merkel. Die Jewish Claims Conference, die sich für die Restitution geraubten jüdischen Eigentums einsetzt, fordert einen Platz in der Expertengruppe.

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