Die Versandapotheken-Gruppe Zur Rose will bereits Anfang Juli an die Börse gehen. Das Unternehmen begründet die Beschleunigung mit den günstigen Marktumständen. Mit dem Börsengang will die Gruppe die angestrebte Expansion finanzieren.
Bei der Ankündigung Anfang Juni nannte die Zur Rose Gruppe die Formulierung «noch in diesem Jahr» als Zeitplan für den Börsengang. Dieser Zeitplan verkürzt sich jetzt drastisch. Denn bereits am oder um den 6. Juli sollen die ersten Zur Rose-Aktien an der Schweizer Börse SIX gehandelt werden, wie das Unternehmen am Donnerstag mitteilte.
Zur Rose-Chef Walter Oberhänsli begründete die Eile mit den Umständen. «Wir haben jetzt mit den sehr günstigen Märkten die ideale Situation für den Börsengang», sagte er an einer Medienkonferenz in Zürich. Das Angebot wird gemäss der Mitteilung aus bis zu 1,8 Millionen Aktien bestehen. Die Preisspanne wurde auf 120 bis 140 Franken pro Aktie festgelegt, was laut Mitteilung einer Marktkapitalisierung der Gruppe von 780 bis 870 Millionen Franken entspricht.
Durch den Börsengang sollen Zur Rose bis zu 230 Millionen Franken zufliessen, die vor allem für die Expansion der Gruppe verwendet werden sollen. So plant Zur Rose in Deutschland 50 bis 60 Millionen Franken zu investieren, um die Marktposition weiter auszubauen.
Mit der Übernahme des deutschen Konkurrenten DocMorris 2012 ist Zur Rose zum Marktführer im Online-Handel in Deutschland geworden. Mit einer bereits eingefädelten weiteren Übernahme und einer verstärkten Werbekampagne soll diese Position gefestigt und ausgebaut werden.
Enormes Wachstum erwartet
Weitere 60 bis 80 Millionen Franken will die Gruppe in die Expansion in andere europäische Ländern stecken. Oberhänsli nannte an der Medienkonferenz Frankreich und die nordischen Länder als mögliche Expansionsziele.
Schliesslich will Zur Rose auch in die Digitalisierung investieren und die Kooperationen mit Krankenkassen und Detailhändler verstärken. Anfang Juli eröffnet Zur Rose die ersten Shop-in-Shop-Apotheke in einer Migros-Filiale in Bern.
Oberhänsli begründete den Börsengang wie schon zuvor mit dem enormen Wachstumspotential des Online-Geschäfts in dieser Branche. Obwohl Medikamente weder anprobiert noch immer neu ausgewählt werden müssen, sei der Online-Marktanteil mit 2 Prozent nach wie vor verschwindend klein. Gebremst hat den Aufstieg des Online-Handels laut Oberhänsli vor allem die Regulierung.
So galt in Deutschland bis vor kurzem eine Preisbindung bei rezeptpflichtigen Medikamenten. Seither wachsen jedoch dank den gewährten Rabatten die Online-Volumen rasant. Gemäss einer Studie soll sich der E-Commerce-Umsatz in deutschen Medikamentenmarkt bis 2021 auf 3,1 Milliarden Franken verdoppeln.
In der Schweiz, in der die Gruppe nach wie vor über die Hälfte des Umsatzes erzielt, hofft Zur Rose mit den zusätzlichen Kooperationen zu wachsen. Der Angebotsbereich beschränkt sich dabei auf rezeptpflichtige Medikamente, weil das Bundesgericht mit einem Urteilsspruch 2015 die Hürden für den Online-Verkauf von nichtrezeptpflichtigen Medikamenten erhöht hat.
Verstärkter Konkurrenzkampf
Sollte im viel grösseren deutschen Markt das Wachstum tatsächlich so rasant ausfallen wie prognostiziert, heizt das auch den Konkurrenzkampf an. Die Schweizer Gruppe fürchtet diesen jedoch nicht. So sei DocMorris mit einem jetzigen Marktanteil von über 60 Prozent in einer idealen Ausgangslage, um vom Wechsel von Off- zu Online zu profitieren, sagte Oberhänsli. Ein Einstieg des E-Commerce-Giganten Amazon erwartet er kurzfristig nicht.
«Natürlich könnte Amazon eine eigene Online-Apotheke eröffnen», sagte Oberhänsli. Das brauche jedoch ziemlich viel Zeit und es sei fraglich, ob Amazon das dafür nötige Image habe. Wahrscheinlicher dagegen sei, dass Amazon mit einer Übernahme in diesen Markt einsteigt.
Eine mögliche Übernahmekandidatin ist dabei auch Zur Rose, die sich mit dem Börsengang zusätzlich angreifbar macht. «Wir möchten jedoch selbständig bleiben», betonte Oberhänsli.
Eine Vorkehrung dazu sei die Strategie mit dem Ankeraktionär Corisol. Diese Beteiligungsgesellschaft der Unternehmerfamilie Frey hält über KWE eine Beteiligung von 20,8 Prozent an der Gruppe. Auf weitere Massnahmen wie der Beschränkung der Stimmrechte verzichtet das Unternehmen.
Der weitere Fahrplan des Börsenganges sieht vor, dass Investoren bis zum 3. Juli Kaufanträge einreichen können. Am 5. Juli erfolgt dann die Preisfestsetzung und die Zuteilung der Aktien, so dass am 6. Juli der Börsenhandel beginnen könnte.