Im Kreuzverhör mit dem Zeugen Martin Liechti ist es im Prozess gegen den ehemaligen UBS-Manager Raoul Weil zu hässlichen Szenen gekommen. Wortklauberei und verbale Attacken prägten am Freitag die Befragung. Aber der Zeuge knickte nicht ein.
Der Hauptzeuge Martin Liechti, Weggefährte des Angeklagten und früher selber hochrangiger UBS-Manager, erhielt im Februar 2008 bankintern Hinweise, dass alle seine E-Mails archiviert würden. «Mehrere Leute warnten mich, ich müsste auf alles gefasst sein. An diesem Tag spürte ich erstmals, dass mich die Bank fallen lassen würde – und das nach 28 Dienstjahren.»
Er brach in Tränen aus. Sofort begann er damals, alte Dokumente zu sammeln, als ob er geahnt hätte, dass er zwei Monate später bei der Einreise in die USA festgenommen und nie wieder in sein Büro zurückkehren würde.
Die alten Dokumente habe er gesammelt, um sich abzusichern. «Ich wollte dereinst nicht als Verantwortlicher dastehen.» Hier hakte Weils Anwalt Matthew Menchel im Kreuzverhör ein. Er warf dem Zeugen vor, schon damals Beweise zu seiner Verteidigung gesammelt zu haben, weil er sich im Klaren gewesen sei, dass er kriminell gehandelt habe.
Liechti widersprach. Er habe nur dokumentieren wollen, dass seine drei engsten Arbeitskollegen, sein Vorgesetzter Raoul Weil, der spätere Konzernchef der UBS Marcel Rohner sowie der spätere Verwaltungsratspräsident der UBS Peter Kurer jederzeit auf dem gleichen Wissensstand gewesen seien wie er selber.
Hitziger Wortwechsel
Der Verteidiger wurde zunehmend aggressiv. Er wolle in Liechtis Gehirn hineinschauen, sagte er. Liechti konterte: «Das wird schwierig, es gibt Dinge, die privat sind.» Kurz danach gerieten die beiden erneut aneinander. Es ging um Wortklauberei, um die präzise englische Bedeutung von Ausdrücken wie «beunruhigt», «besorgt», «erschrocken», «verängstigt» oder «alarmiert».
Der Anwalt wollte Liechti bestimmte Wörter in den Mund legen, aber dieser wehrte sich und bot an, in seiner Muttersprache Französisch weiterzufahren, oder auf Deutsch. «Wollen Sie einen Dolmetscher», fragte der Verteidiger?
Doch Liechti war bereit, auf Englisch weiterzufahren, konnte es sich aber nicht verkneifen anzumerken, dass sie alle noch sehr viel Zeit im Gerichtssaal verbringen würden, wenn das so weitergehe. Der Verteidiger meinte: «Zeit habe ich genug.» Liechti: «Ich auch.»
Keine Annäherung in der Sache
In der Sache kam es zu keiner Annäherung. Der Verteidiger machte den Zeugen zum alleinigen Sündenbock. Er warf ihm vor, er habe Weil gar nie wirklich über die Risiken des US-Geschäfts aufgeklärt, im Gegenteil, er habe ihm vorgegaukelt, dass alles unter Kontrolle sei. Als sich die Situation zuspitze, weil klar war, dass die US-Justiz gegen die UBS ermittelte, habe er nur sein eigenes Fell retten wollen.
Liechti blieb dagegen sei seiner Darstellung. Wann immer er Probleme oder Risiken für die Bank gesehen habe, sei er damit zu seinem Vorgesetzten gegangen. Das war Raoul Weil. Doch dafür legte die Anklage bisher keine schriftlichen Beweise vor. Liechti erklärte dies mit den damaligen Hausregeln, wenn immer möglich auf E-Mails zu verzichten und das persönliche Gespräch zu suchen.
Diese Praxis, nicht zuletzt von Weil initiiert, könnte nun die Glaubwürdigkeit des Zeugen untergraben – und Weil helfen, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Bei wem am Ende der Schwarze Peter hängen bleibt, werden die Geschworenen entscheiden. Der Prozess dürfte noch zwei bis drei Wochen dauern.