Die Schweiz bildet viel zu wenig Ärztinnen und Ärzte aus. Der Bundesrat will mit 100 Millionen Franken dazu beitragen, die Zahl der Abschlüsse zu erhöhen. Wie und nach welchen Kriterien das Geld verteilt wird, ist noch unklar. Der Verteilkampf ist bereits im Gang.
Bei den Fördermitteln handle es sich um eine Anschubfinanzierung, stellte Bildungsminister Johann Schneider-Ammann am Mittwoch vor den Bundeshausmedien klar. Das heisst, dass den Kantonen über die nächsten vier Jahre hinweg insgesamt 100 Millionen Franken zur Verfügung stehen. Dafür erwartet der Bundesrat, dass sie die Zahl der Abschlüsse in Humanmedizin von heute rund 900 auf 1300 im Jahr 2025 erhöhen.
Mehr ausländische Ärzte
In den letzten Jahren haben die Kantone schon viel dafür getan, um mehr Mediziner in der Schweiz auszubilden. Laut Schneider-Ammann wurde die Zahl der Abschlüsse in den letzten zehn Jahren nahezu verdoppelt. Trotzdem hat inzwischen fast jeder dritte Mediziner in der Schweiz einen ausländischen Abschluss, Tendenz steigend.
Der Druck, daran etwas zu ändern, ist mit der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative vor zwei Jahren weiter gestiegen. Der Bundesrat versteht die Förderung der Mediziner-Ausbildung inzwischen auch als Teil der Umsetzung des neuen Verfassungsartikels. Dieser könnte den Zugang zu ausländischen Fachkräften erschweren. Damit würde auch der Strom von preiswert im Ausland ausgebildeten Ärztinnen und Ärzten versiegen.
Vor diesem Hintergrund bekräftigte der Bundesrat am Mittwoch, dass er die neuen Ausbildungsplätze für Mediziner mit 100 Millionen Franken fördern will. Den formellen Entscheid fällt er voraussichtlich Anfang März. Dann will er die Botschaft über die Förderung von Bildung, Forschung und Innovation (BFI) für die Jahre 2017-2020 ans Parlament verabschieden. Der Betrag soll in diesem Rahmenkredit enthalten sein.
Knappe Mittel
Laut Bundesrat handelt es sich um einen «Zusatzkredit». Damit stellt er in Aussicht, dass in der BFI-Botschaft tatsächlich zusätzliche Mittel für das Medizinstudium gesprochen werden. Das ist den Kantonen wichtig: Die Förderung müsse so konzipiert sein, dass sie nicht zu einem Verteilkampf innerhalb der Universitäten führe, sagte Michael Jordi, Generalsekretär der Gesundheitsdirektorenkonferenz der Kantone (GDK), der Nachrichtenagentur sda. «Das würde das Förderprojekt in Frage stellen.»
Fest steht allerdings, dass auch im BFI-Bereich die Bäume nicht in den Himmel wachsen: Nach Ansicht des Bundesrats liegt für die Jahre 2017-2020 noch ein Wachstum von 2,2 Prozent drin. In der laufenden Periode sind es 3,9 Prozent.
Entscheidend ist aber nicht allein der Betrag, sondern auch, wie die Bundesmillionen unter den Universitäten verteilt werden. Die Schweizerische Hochschulkonferenz will in den nächsten Wochen erste Entscheide fällen, nach welchen Kriterien das Geld zugeteilt wird. Dabei wird unter anderem die Nachhaltigkeit eine Rolle spielen: Der Bund hat kein Interesse an Ausbildungsplätzen, die nur während der vierjährigen Förderperiode existieren.
Viele Pläne
Die Universitätskantone haben sich für den Verteilkampf längst in Stellung gebracht: Die Universität Freiburg hatte im Oktober angekündigt, zum Bachelor-Abschluss hinzu künftig auch einen Master anbieten zu wollen. Der Kanton geht von Mehrkosten von jährlich 6,5 Millionen Franken aus. Er hofft, einen Teil davon über das Sonderprogramm des Bundes finanzieren zu können.
St. Gallen denkt ebenfalls über einen «Medical Master» nach und schielt dabei auf die Fördermittel des Bundes. Luzern will in Zufkunft Mediziner ausbilden, Lugano bietet ab 2019 den ersten Master-Lehrgang an.
Das ist ganz im Sinn des Bundesrats: Der Bund leiste einen Beitrag, die Hauptlast trügen aber weiterhin die Kantone, sagte Schneider-Ammann. Allerdings mischt der Bund über seine Hochschulen ebenfalls mit: Sowohl die ETH Zürich als auch die ETH Lausanne planen, künftig einen Medizin-Bachelor anzubieten.