Ein 66-jähriger Schweizer, der 2011 einen Brandanschlag auf die St.-Ursen-Kathedrale in Solothurn verübt hatte, soll aus der Verwahrung frei kommen. Das Solothurner Obergericht hat die Beschwerde des Schweizers gegen die Verwahrung gutgeheissen.
Die Beschwerdekammer des Obergerichts sieht die Voraussetzungen für die nachträglich angeordnete Verwahrung als nicht erfüllt an. Der Schweizer habe bei der Brandstiftung und bei der Störung des Bahnverkehrs nicht Leib und Leben von Menschen gefährdet, hiess es bei der mündlichen Urteilsbegründung am Freitagnachmittag.
Dies habe das Amtsgericht Solothurn-Lebern bei der Verurteilung des Mannes 2011 grundsätzlich festgehalten. Bei der Anordnung der nachträglichen Verwahrung auf Antrag der Staatsanwaltschaft im Dezember 2015 habe dies das Amtsgericht jedoch anders eingeschätzt. Eine solche neue Beurteilung des Sachverhalts sei nicht zulässig. Das Obergericht sieht darin einen Widerspruch.
Der Amtsgericht hatte den unauffällig wirkenden Rentner wegen Brandstiftung, mehrfacher Störung des Bahnverkehrs sowie Drohung und Schreckung der Bevölkerung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 14 Monaten verurteilt worden. Das Gericht hatte auch eine stationäre therapeutische Massnahmen angeordnet.
Nicht per sofort in Freiheit
«Fürs Denken kann man nicht henken», sagte der Referent der Beschwerdekammer bei der Begründung. Für versuchte, in Kauf genommene einfache Körperverletzung könne niemand verwahrt werden.
Der 66-Jährige wird jedoch nicht per sofort auf freien Fuss gesetzt. Gemäss Urteil des Obergerichts muss er spätestens am kommenden Mittwoch, 17 Uhr, entlassen sein. Auf diese Weise hat die Staatsanwaltschaft etwas Zeit, beim Bundesgericht eine Sicherheitshaft für den Mann zu beantragen und den Fall weiterzuziehen.
Zudem will das Obergericht, dass der Rentner eine Begleit-Beistandsschaft erhält. Dafür ist die Erwachsenenschutzbehörde zuständig. Die Staatsanwaltschaft war für eine Stellungnahme zunächst nicht erreichbar.
Teppich und Altar angezündet
Der Mann hatte am 4. Januar 2011 in der St.-Ursen-Kathedrale in Solothurn über den Altar und den darunter liegenden Teppich rund 20 Liter Benzin geschüttet. Das dabei entstandene Gemisch aus Luft und Benzin zündete er mit einer Kerze an. Verletzt wurde niemand. Beim Brandanschlag entstand ein Sachschaden von 3,5 Millionen Franken.
Davor hatte der Mann im März 2009 beim Bahnhof Olten-Hammer SO mit einer selber gebauten Metallvorrichtung einen Zug entgleisen lassen wollen. Und im Juli 2010 erschreckte er im Gotthardtunnel mit einer selbst gemachten «Bombenweste» die Zugpassagiere.
Aufmerksamkeit gesucht
Die Staatsanwaltschaft hatte die nachträgliche Verwahrung beantragt, weil sich der Mann während der mehrjährigen stationären therapeutischen Massnahme allen Behandlungen verweigert hatte. Gemäss Gutachten leidet der 66-Jährige an einer paranoiden Persönlichkeitsstörung
An der Verhandlung des Falls am Donnerstag hatte der amtliche Verteidiger die Verwahrung als «unverhältnismässig» bezeichnet. Sein Mandant habe mit den Taten nie jemanden verletzt, sondern Aufmerksamkeit gesucht. Von dem Mann gehe nur eine geringe Gefährlichkeit aus. Nicht alles, was der Mann sage, sei wahnhaft.
Dagegen hatte die Staatsanwältin die Rückfallgefahr für schwere Straftaten als nach wie vor gross bezeichnet. Es müsse damit gerechnet werden, dass der Mann in Freiheit wieder Taten begehe, um Aufmerksamkeit zu erzielen. Die Gesellschaft habe ein grosses Interesse daran, vor dem Mann geschützt zu werden. Es bleibe keine andere Möglichkeit als die Verwahrung.
«Mission erfüllt»
Der Mann hatte sich an der Verhandlung ausgiebig äussern können. Er sprach ruhig und klar – doch vieles war kaum nachvollziehbar. Seine Mission sei schon lange erfüllt, sagte er. Aktionen wie die Brandstiftung seien nicht mehr notwendig. Er schreibe nun Bücher und Briefe.
Er wolle aufklären und die Gesellschaft vor den Gefahren fundamentaler Religionen warnen. Das sei die einzige Möglichkeit, um gegen die Verblendung auf der Welt vorzugehen. Er sagte auch, das Justizsystem sei «verlogen und intransparent».