Mit Blick auf die zweite Runde für den noch freien zweiten Aargauer Ständeratssitz haben die Verbände und Parteien ihre Positionen bezogen. Die Bürgerlichen tun sich schwer, sich für Philipp Müller (FDP) oder für Hansjörg Knecht (SVP) zu entscheiden. Ruth Humbel (CVP) erhält weniger Unterstützung aus dem Linkslager als wohl erhofft.
Wie schwer sich das bürgerliche Lager mit der Stichwahl tut, macht der Aargauische Gewerbeverband (AGV) deutlich. Der AGV-Vorstand empfiehlt «Knecht oder Müller» zur Wahl.
Beide Kandidaten hätten als erfahrene Politiker und Unternehmer stets eine klare gewerbefreundliche Position eingenommen. Es seien daher beide Kandidaten «uneingeschränkt wählbar», schreibt der AGV.
Position bezog dagegen die Aargauische Industrie- und Handelskammer (AIHK). Der Vorstand empfiehlt nach langer Diskussion Müller zur Wahl. Die Handelskammer sieht im FDP-Politiker den besten Garant dafür, dass die bilateralen Verträge trotz Umsetzung der SVP-Zuwanderungsinitiative erhalten bleiben. Die Verträge seien für die exportorientierte Wirtschaft wichtig.
Die Nerven im bürgerlichen Lager sind angespannt. Die SVP reagierte auf die Empfehlung postwendend: Man sei sehr erstaunt, dass die AIHK den «Berufspolitiker Müller» und nicht den «aktiven Unternehmer Knecht» unterstütze.
Die SVP schreibt von einer «Bankrotterklärung» des Wirtschaftsverbandes, weil dieser bereits vor vier Jahren nicht den SVP-Ständeratskandidaten zur Wahl empfohlen hatte.
SP und Grüne gespalten
Nationalrätin Ruth Humbel (CVP) erhält Unterstützung von der BDP und SP. Die BDP machte bei ihren Parteimitgliedern eine Umfrage: 54 Prozent sind für Humbel und 33 Prozent für Müller, wie die Partei mitteilte.
Für die SP erweist sich Humbel als «beste Alternative». Die CVP-Politikerin vertrete in sozialpolitischen Fragen einige gemeinsame Positionen mit SP-Anliegen. Diese Haltung trug der SP eine Rüge der Jungsozialisten ein. Die Mutterpartei mache einen Kniefall vor der bürgerlichen Mehrheit.
Der Gewerkschaftsbund, die Grünen und die Grünliberalen verzichten darauf, für den zweiten Wahlgang vom 22. November eine Empfehlung abzugeben. Der WWF Aargau spricht sich für Humbel aus. Diese habe im Nationalrat deutlich mehr Umweltanliegen unterstützt als Müller und Knecht.
Wahlbeteiligung spielt eine grosse Rolle
Ob die Empfehlungen der Verbände und Parteien bei den Wählenden überhaupt eine Wirkung haben, ist offen. Entscheidender für den bürgerlichen Dreikampf ist, welche Partei und welcher Kandierender mehr Wählende mobilisieren kann.
In der ersten Runde am 18. Oktober lag die Wahlbeteiligung bei 48,3 Prozent. Bei der Stichwahl dürfte die Beteiligung deutlich tiefer sein.
Beim zweiten Wahlgang vor vier Jahren betrug die Beteiligung 36,7 Prozent. Die Ausgangslage war ähnlich spannend: FDP und SVP kämpften um den zweiten Sitz. Gewählt wurde damals Christine Egerszegi (FDP), Ulrich Giezendanner (SVP) unterlag.
Im ersten Wahlgang vom 18. Oktober hatte Knecht das beste Resultat der Nichtgewählten erzielt. Er distanzierte Müller um fast 6000 Stimmen. Humbel holte 43’300 weniger Stimmen als Knecht. Ständerätin Pascale Bruderer (SP) wurde im ersten Wahlgang bestätigt.