Verwunschenes Kleinod der Basler Bau- und Kunstgeschichte

Zwischen Wettstein- und Claraplatz gibt es ein verwunschenes Kleinod der Basler Bau- und Kunstgeschichte zu entdecken. Man nennt es Serendipität, gemeint ist die überraschende Entdeckung von etwas, nach dem man nicht gesucht hat. Wir gehen also zur Vernissage der «experimenta13», das ist die Kunstintervention im öffentlichen Raum im Rahmen der Messe NATUR (bis 3. März […]

Nach was man nicht gesucht hat: Das Wettsteinhäuschen aus dem Jahre 1571 ...

Zwischen Wettstein- und Claraplatz gibt es ein verwunschenes Kleinod der Basler Bau- und Kunstgeschichte zu entdecken.

Man nennt es Serendipität, gemeint ist die überraschende Entdeckung von etwas, nach dem man nicht gesucht hat. Wir gehen also zur Vernissage der «experimenta13», das ist die Kunstintervention im öffentlichen Raum im Rahmen der Messe NATUR (bis 3. März – die Kunst bleibt noch länger stehen). Und nach den üblichen Ansprachen und Danksagungen folgt dann die Überraschung: der Ort des Apéros, das Wettsteinhäuschen am Claragraben 38. Dutzende Male sind wir schon daran vorbeigegangen oder -gefahren, ohne  auf dieses Kleinod zu achten, das an der Ecke Claragraben/Riehenstrasse hinter hohen Bäumen so ziemlich verborgen liegt. Es handelt sich um ein ehemaliges Rebhäuschen aus dem Jahre 1571, das laut nicht belegten Quellen dem damaligen Basler Bürgermeister Johann Rudolf Wettstein (jawohl, der vom Westfälischen Frieden) vermacht worden sein soll und deshalb dessen Namen trägt.

Das putzige kleine Häuschen mit einem quadratischen Grundriss von nur gerade fünf Metern Seitenlänge befindet sich, eingebettet in die gesichtslosen Bauten der Stadtentwicklung im vergangenen Jahrhundert, in einem wunderbar nicht herausgeputzten Zustand. Das liegt daran, dass es samt dem Anbau aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bis heute vom mittlerweile über 80 Jahre alten Grabbildhauer Joseph Bossart als Atelier genutz wird. Wer nun aber die Schilder beim Eingang zum verwunschenen Gärtchen, der das Haus umgibt, liest, wird eines weiteren Namens gewahr, der in Basel nicht nur eingefleischte Kunstsachverständige aufhorchen lässt: «A. Zschokke – Bildhauer». Alexander Zschokke (1894-1981), der in Basel mit seinem Steinskulpturen und Brunnenfiguren viele künstlerische Spuren hinterlassen hat, hatte das Wettsteinhäuschen und den Anbau bis kurz vor seinem Tod als Atelier genutzt.

Und sogleich folgt die zweite grosse Überraschung: Noch heute sind die Spuren seines ehemaligen Nutzers sehr präsent: In einem der Räume im Erdgeschoss stehen, von einer relativ dicken Staubschicht bedeckt, zahlreiche Modelle von Zschokkes Werken. Unverkennbar zum Beispiel das Modell für Zschokkes bekannte Monumentalskulptur «Lehrer und Schüler» (1944) vor dem Kollegiengebäude der Universität. Das Wettsteinhäuschen offenbart also nicht nur einen aufschlussreichen Blick in die Basler Vergangenheit des 16. Jahrhunderts, sondern auch einen in die Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts.

Leider war das Wettsteinhäuschen nur am Vernissageabend öffentlich zugänglich. Offiziell zumindest. Für neugierige Stadtspaziergängerinnen und -gänger könnte sich ein Abstecher an den Claragraben 38 dennoch lohnen. Denn der Grabbildhauer und langjährige Hausherr Joseph Bossart ist ein offensichtlich gastfreundlicher Mann. Er zeige Gästen die Räumlichkeiten gerne, versicherte er an der Vernissage. Und er sei meistens sieben Tage die Woche vor Ort (auf Uhrzeiten wollten wir ihn aber nicht festlegen). Wer dort ist, sollte den Gang die enge Wendeltreppe hoch die kleine, gemütliche Stube im ersten Stock nicht scheuen.

Zurück kurz zum ursprünglichen Anlass unseres Ausflugs, zur «experimenta13». Die Organisatoren der Messe NATUR haben verschiedene Künstlerinnen und Künstler eingeladen, im öffentlichen Raum im Kleinbasel Werke, Interventionen und Installationen zum Messethema «Natur & Kultur: Die Zukunft, die wir wollen» einzurichten. Eines der Werke, das geheimnisvolle Turmhäuschen «Wir bleiben» des jungen Basler Künstlers Florian Graf auf dem Wettsteinplatz, hat schon vor der offiziellen Eröffnung der Ausstellung für einiges an Aufmerksamkeit bzw. hintersinnige Irritation gesorgt. Die von Irène Hediger kuratierte Schau dauert bis 22. März.

 

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