Viel Britisches zum runden Jahr

Kontinuität und Veränderung – auf diese simple dialektische Formel könnte man das Programm des 20. STIMMEN-Festivals bringen, das jetzt in einer Pressekonferenz vorgestellt wurde. Das Jubiläumsjahr steht auch im Zeichen der Premiere von Markus Muffler als künstlerischem Leiter. Seine Handschrift wird in einigen Umschichtungen bereits erkennbar.

Sängerin Carleen Anderson eröffnet am 4. Juli das «Stimmen»-Festival.

Kontinuität und Veränderung – auf diese simple dialektische Formel könnte man das Programm des 20. STIMMEN-Festivals bringen, das in einer Pressekonferenz vorgestellt wurde. Das Jubiläumsjahr steht auch im Zeichen der Premiere von Markus Muffler als künstlerischem Leiter. Seine Handschrift wird in einigen Umschichtungen bereits erkennbar.

«Wir haben uns bewusst gegen eine thematische Klammer entschieden, da diese auch zugleich Grenzen setzt», sagt Markus Muffler, künstlerischer Leiter des 20. Stimmen-Festivals. Neu ist jedoch eine stringentere Bündelung in drei stilistische Blöcke. So wird es nach der Eröffnung am 4. Juli mit der texanischen Soulsängerin Carleen Anderson zunächst eine Strecke geben, der die menschliche Stimme in einem klassischen Kontext feiert.

Hier rückt, zusammen mit dem Barock-Pop-Crossover Dez Mona aus Belgien, auch gleich der Spielort Augusta Raurica in den Fokus: «Nach aufwendigen Produktionen im letzten Jahr lautet unser Motto dieses Mal: pure and simple», so Mufflers Kollege, der Baselbieter Kulturbeauftragte Niggi Ullrich. Man wird im Römertheater heuer Acappella von Schweden (Irmelin) über Sardinien (Cuncordu E Tenore De Orosei) bis zu Lokalptrioten (Männerstimmen Basel) präsentieren.  
 
Wie Ullrich betonte die Kontinuität der Zusammenarbeit in der Nach-Bürgel-Ära auch Wolfgang Graf vom Kulturbüro Riehen: Im dortigen Wenkenpark ist mit Rufus Wainwright ein echter Star zugegen, daneben auch Lokales mit der Basler Band Baum. Dass ihm Miteinander von Regionalem und Weltläufigem ein Anliegen ist, zeigt Muffler im zweiten, dem Jazz und Pop gewidmeten Block auch, wenn die Freiburgerin Cécile Verny zusammen mit Crooner-Newcomer Alexander Stewart einen Abend bestreitet, gefolgt von der Londoner Songwriterin Lianne La Havas, die gerade die Kaserne bespielt hat. Sie sind zwei von enorm vielen UK-Künstlern, für die der neue Chef eine unüberhörbare Schwäche hat, sicherlich seinen Londoner Jahren zuzuschreiben.

Elton John und Mark Knopfler

Die lange schon bekannt gegebenen, ebenfalls britischen Gäste Elton John und Mark Knopfler bringen Promiglanz auf die Markthallenbühne, während Patricia Kaas dort mit ihrer Piaf-Hommage einen Bogen auf die Anfänge von STIMMEN schlägt, sie war in der Erstausgabe 1994 schon da. Das ist aber schon das einzige Zugeständnis an den Jubiläumscharakter. Nach den Marktplatz-Abenden wird als Novum der Burghof für Aftershow-Partys mit Nachwuchsbands die Tore öffnen.   
 
Etwas überraschend ist, dass Muffler den dritten Block, sein «Wohnzimmer», ausgebaut hat: Als solches bezeichnet er gerne die Konzertreihe im Rosenfelspark, die in diesem Jahr auf sechs Abende gedehnt ist. Der bekennende Rock- und Soul-Fan hat die dort traditionell «ansässige» Weltmusikschiene nicht verschlankt, sie jedoch in Richtung New Folk verbreitert. So gibt es einen Akzent aufs Nordische mit einem ganzen Abend von den Färöern (Guðrið Hansdottir & Buram), Roots-Fans können sich auf das Powerfrauen-Trio Acoustic Africa und die Arabesken von Leïla Bounous freuen.  

Französische Partner im Hintergrund

Die französischen Partner aus Guebwiller treten hingegen deutlich in den Hintergrund: Wo in den vergangenen Jahren das Kloster Les Dominicains Schauplatz für ambitionierte Gesamtkunstwerke mit Klang, Licht und Videokunst war, ist nun eine Verschiebung in Richtung Eventkultur erkennbar: STIMMEN beteiligt sich an einer Feier, die mit Speisen, Barock- und Jazzkonzert nebst Feuerwerk in den 14. Juli geleitet.

Fragezeichen werfen auch die Totalverzichte auf: So gibt es in diesem Jahr weder eine Eigenproduktion, noch den vor drei Jahren erfolgreich eingeführten «Höhenweg der Stimmen» und keinen Artist in Residence. «Es hat sich einfach nicht ergeben», begründet Mufller das knapp, stellt aber in Aussicht, dass er auf diese Alleinstellungsmerkmale künftig zurückkommen könnte. Nahtlos weitergeführt wird – nun unter Leitung von Felicia Maier – das Stadtfest «Lörrach singt!», auch die STIMMEN-Werkstatt, die mit Voces 8, Vinx und Budam drei Festivalkünstler als Dozenten gewinnen konnte.  
 
Auf Sponsorenseite keine finanzielle, aber eine personale Verschiebung: Als neuer Hauptpartner tritt nun Endress & Hauser in Erscheinung, und das Autohaus Schultheiß stellt als Partner Hybrid-Autos zur Verfügung, unterstreicht damit das Bestreben des Festivals nach Verbesserung der CO2-Bilanz. Eine veränderte Situation schließlich auch im Finale: Während es früher eher beschaulich ausklang, wird dieses Jahr als Schlusspunkt nochmals ein großer Name gesetzt  – mit Bob Geldof zur Abwechlsung ein Ire statt einem Engländer.

Quellen

Einzelheiten zum Programm: www.stimmen.com

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