Bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen zeichnet sich eine höhere Wahlbeteiligung ab als vor fünf Jahren. Nach Angaben des Landeswahlleiters hatten bis zum Sonntagnachmittag 16 Uhr bereits 59 Prozent der 13,1 Millionen Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben.
Damit ist die gesamte Wahlbeteiligung von 2012 (59,6 Prozent) bereits zwei Stunden vor Schliessung der Wahllokale fast erreicht. In der Landeshauptstadt Düsseldorf lag sie bei 69,7 Prozent, rund zehn Prozentpunkte höher als beim Urnengang 2012. Die Wahllokale sind noch bis 18 Uhr geöffnet.
Die Zahlen liegen im Trend, denn auch bei den anderen Landtagswahlen 2016 und 2017 war in Deutschland eine höhere Beteiligung verzeichnet worden.
Die Wahl im bevölkerungsreichsten deutschen Bundesland gilt als wichtigster Stimmungstest vor der Bundestagswahl am 24. September. Die bisher regierende rot-grüne Koalition unter Ministerpräsidentin Hannelore Kraft dürfte auf jeden Fall ihre Mehrheit verlieren. Nach jüngsten Umfragen ist auch nicht sicher, dass die SPD in ihrem Stammland stärkste Partei bleibt.
Die letzten Umfragen sahen SPD und CDU jeweils leicht über 30 Prozent. Neben Grünen und Liberalen (FDP) haben auch Linke und die rechtspopulistische AfD (Alternative für Deutschland) gute Chancen, im Parlament vertreten sein.
Bei sechs Parteien dürfte die Regierungsbildung schwierig werden. So hat die FDP bereits eine «Ampel»-Koalition mit SPD und Grünen ausgeschlossen, und die Grünen wollen kein «Jamaika»-Bündnis mit CDU und FDP bilden. Die SPD will keine rot-rot-grüne Koalition unter Einschluss der Linkspartei. Am Ende bliebe dann nur eine grosse Koalition aus SPD und CDU, in der die stärkere Partei den Regierungschef stellen würde.
«Kleine Bundestagswahl»
Wegen der Grösse des Landes gelten Wahlen in Nordrhein-Westfalen in Deutschland auch als «kleine Bundestagswahl». Die SPD hatte Anfang des Jahres den früheren EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz als Kanzlerkandidaten für die Wahl im September nominiert und danach zunächst einen Höhenflug in den Umfragen verzeichnet.
Die Landtagswahlen im Saarland und in Schleswig-Holstein gingen aber verloren, und auch in den nationalen Umfragen ist der «Schulz-Effekt» schon wieder verpufft. Der aus Nordrhein-Westfalen stammende Schulz will im September Bundeskanzlerin Angela Merkel herausfordern, die um eine vierte Amtszeit als deutsche Regierungschefin kämpft.