Dustin Johnson? Jordan Spieth? Oder wieder Sergio Garcia? Die Favoritennennungen für das am Donnerstag beginnende 117. US Open der Golfprofis in Erin im Bundesstaat Wisconsin sind breit gefächert.
Mit seinem Sieg am US Masters im April lieferte gerade Sergio Garcia ein Beispiel dafür, wie unberechenbar der Golfsport in der Elite geworden ist. Als er 1999 seine Profikarriere begann, galt der Spanier als künftiger Herausforderer von Tiger Woods und als künftiger Sammler vieler bedeutender Titel. Zehn Jahre später, nachdem er viele gute Chancen für Triumphe an Majorturnieren ausgelassen hatte, galt er bei vielen, die ihn anfänglich gelobt hatten, als ewiges Talent, als einer der begabtesten chronischen Verlierer. Weitere acht Jahre später, vor gut zwei Monaten, schlug Garcia aus dem Nichts zu und liess in Augusta, am prestigeträchtigsten Turnier, alle hinter sich.
Sergio Garcia ist jetzt 37 Jahre alt. Wenn man weiss, wie befreiend der erste Major-Titel für einen guten Golfer sein kann, muss man Garcia ab sofort wieder so auf der Rechnung haben wie vor 18 Jahren. Beim amerikanischen Ausnahmegolfer Phil Mickelson platzte der Knoten 2004, als er mit 34 Jahren ebenfalls am US Masters siegte. In den nachfolgenden Jahren brachte er noch vier weitere grosse Titel in sein Palmares, zuletzt jenen vom British Open 2013, als er schon 43-jährig war.
Dustin Johnson in bester Position
Nach diesen Erfahrungen ist Sergio Garcia in dieser Woche unter die Sieganwärter zu reihen. Stellt man allein auf die Gesamtleistung der laufenden Saison ab, ist Dustin Johnson, dem Leader der Weltrangliste, der Sieg am ehesten zuzutrauen. Der Amerikaner gewann im Februar und im März drei gut besetzte Turniere in Serie. Für das US Masters musste er absagen, nachdem er sich wenige Stunden vor Turnierbeginn bei einem Treppensturz am Rücken verletzt hatte. Es folgten an weiteren Turnieren die Plätze 2, 12 und 13, bevor er zuletzt am Memorial Tournament von Gastgeber Jack Nicklaus nach zwei Runden ausschied. Vor einem Jahr hatte der 32-Jährige aus South Carolina am US Open seinen ersten und bislang einzigen Major-Titel geholt.
Die nordirische Weltnummer 2 Rory McIlroy musste sich heuer die meiste Zeit mit gesundheitlichen Problemen herumschlagen. Zuletzt machte ihm eine aufgebrochene Rippenverletzung zu schaffen. Er spielte 2017 in den USA nur fünf Turniere; dreimal klassierte er sich dabei in den ersten sieben. Vor dem US Open meldete er, er sei fit und habe keinerlei Schmerzen mehr.
Bleibt der amerikanische Vielspieler Jordan Spieth, vor zwei Jahren Gewinner des US Masters wie auch des US Open. Die Saison des jungen Texaners ist von Auf und Ab geprägt. Dem vielbeachteten Sieg im Februar in Pebble Beach stehen drei verpasste Cuts gegenüber. Zuletzt war die Form zufriedenstellend. So wurde Spieth an seinem vorletzten Turnier Ende Mai in seiner Heimat in Fort Worth Zweiter.
Nebst Sergio Garcia hat ein weiterer Spanier einiges vor. Noch vor einem Jahr, beim Wechsel zu den Profis, war Jon Rahm, die frühere Nummer 1 der Weltrangliste der Amateure, so gut wie unbekannt. In nur zwölf Monaten verbesserte er sich im Ranking der Profis von der 551. an die 9. Position. Derzeit ist er Zehnter. Ende Januar siegte er auf dem Torrey-Pines-Platz in San Diego erstmals auf dem amerikanischen Circuit. Daneben kam er allein 2017 weitere fünf Male unter die ersten fünf. Trotz seiner erst 22 Jahre spielte Rahm eine beeindruckende Konstanz aus.
Ohne den Lefty
Phil Mickelson wird zum ersten Mal seit 24 Jahren an einem US Open fehlen. Der beste linksseitig spielende Golfer der Welt will sich die Abschlussfeier seiner Tochter nicht entgehen lassen. Das US Open ist just jenes der vier grossen Turniere, das Mickelson noch nicht gewinnen konnte. Sechsmal wurde er Zweiter, zweimal Vierter.
Am zweiten Turniertag dieser Woche wird Mickelson 47 Jahre alt. Die Chance, dass er jemals noch den Karriere-Grand-Slam (mindestens ein Sieg an jedem der vier Majorturniere) wird komplettieren können, wird von Jahr zu Jahr ein bisschen kleiner.
Platz für das US Open gebaut
Das US Open wird zum ersten Mal in einem Klub gespielt, der einer einzigen Person gehört. Der Platz, rund 50 Kilometer nordwestlich von Wisconsins Metropole Milwaukee gelegen, wurde vom Alleinbesitzer Bob Lang gebaut und 2006 fertiggestellt. Langs Ziel war es von Anfang an, das US Open in seinen Klub zu bringen. Er veränderte den Kurs in den ersten Jahren immer wieder, um die Spielbahnen länger und schwieriger zu machen. Er investierte so viel, dass er 2009 in finanzielle Nöte geriet und die ganze Anlage verkaufen musste.
Neuer alleiniger Eigentümer ist seither der Geschäftsmann Andrew Ziegler. Ziegler bekam schliesslich das 117. US Open von dieser Woche zugesprochen. Er gab dem 7132 Meter langen Platz ein ungewohntes Aussehen, indem er auf den Bau jeglicher Wege für Elektrowagen verzichtete. Der Kurs kann auch von Besuchern nur zu Fuss zurückgelegt werden. Demgegenüber sind praktisch alle neueren Golfplätze in den USA für den Betrieb mit Trolleys konzipiert.