Die Schweizer Industrie leidet stärker als andere Branchen unter dem starken Franken. Besonders bei den mittelgrossen Unternehmen stecken zahlreiche Betriebe wegen der Währungssituation in Schwierigkeiten: Über ein Zehntel kämpft sogar um die Existenz.
Dies geht aus einer am Montag veröffentlichten Studie des Beratungsunternehmens EY hervor. Bei der Frage nach der Strategie der kommenden Monate antworteten 11 Prozent der befragten Unternehmen, es gehe ums Überleben. Diese Zahl ist zum dritten Mal in Folge seit 2014 angestiegen und fast doppelt so hoch wie in der Gesamtwirtschaft.
Gleichzeitig ist der Anteil, der Firmen, die auf Wachstum setzen mit 35 Prozent höher als bei jeder Befragung seit 2014. Bei der Mehrheit (54 Prozent) der mittleren Industrieunternehmen bestimmen allerdings stabilitätsorientierte Strategien die Agenda.
Jedes achte befragte Industrieunternehmen bezeichnete seinen Zustand als kritisch. Vor Jahresfrist war es erst jedes zwölfte Unternehmen. Das ist der höchste Wert aller Branchen und beinahe doppelt so viel wie im Durchschnitt aller Branchen.
Postindustrielle Ära
Diese Ergebnisse seien ein klares Zeichen der fortschreitenden Deindustrialisierung, kommentiert EY die Zahlen im Unternehmensbarometer 2017. Die massive Aufwertung des Franken habe die Verlagerung der Produktion ins Ausland noch verstärkt.
In der starken Schweizer Währung sehen zwei Drittel der befragten Betriebe nach wie vor die grösste Gefahr für die Entwicklung ihres Unternehmens. 44 Prozent sorgen sich um eine schwache Konjunkturentwicklung im Ausland und 40 Prozent fürchten hohe oder volatile Rohstoffpreise.
Diese Zahlen liessen darauf schliessen, dass die Industrie mehr Druck spüre als andere Branchen. Dies liege an ihrer starken Exportorientierung: Ein Drittel der befragten Unternehmen verkauft über die Hälfte ihrer Produkte im Ausland.
Etwas mehr Optimismus
Mehr als jedes dritte Industrieunternehmen in der Schweiz (37 Prozent) rechnet für die kommenden Monate mit einer Verbesserung der eigenen Geschäftslage, lediglich fünf Prozent der Betriebe erwarten eine Verschlechterung. Damit starten die Firmen deutlich zuversichtlich ins neue Jahr.
Mit ihrer aktuellen Geschäftslage sind 52 Prozent der befragten Unternehmen rundum zufrieden. Das ist deutlich weniger als in den übrigen Branchen, wo sich zwischen 57 Prozent (Handel) und sogar 79 Prozent (Life Sciences) der Befragten uneingeschränkt zufrieden zeigen.
40 Prozent der Industrieunternehmen in der Schweiz erwarten für 2017 höhere Umsätze als im vergangenen Jahr, elf Prozent gehen von Einbussen aus. Im Durchschnitt rechnen die Unternehmen für 2017 mit einem Plus von 1,3 Prozent. Für 2016 hatten die Unternehmen ein Wachstum von 1,2 Prozent vorausgesagt.
Die Beschäftigungsdynamik dürfte in den kommenden Monaten gegenüber dem Vorjahr deutlich sinken: Nur noch 19 Prozent der Schweizer Industrieunternehmen wollen aktuell zusätzliche Mitarbeitende einstellen. Vor einem Jahr waren es noch 23 Prozent. 18 Prozent planen Stellenstreichungen, vor einem Jahr lag dieser Wert nur bei 10 Prozent.
Für die Studie befragte EY rund 200 Firmen mit 30 bis 2000 Mitarbeitern.