13 neue Galerien hat die Liste 2015 im Programm. Wir haben geguckt, was diese mitbringen: Überraschend Vielfältiges, und vor allem viele Einzelpräsentationen.
Ein erster Rundgang durch die Liste, Jubiläumsausgabe 2015, zeigt: Aktuelle Kunst kommt in den unterschiedlichsten Tönen und in den verschiedensten Medien daher, noch immer ist alles möglich und mehr. Da ist, was gefällt, sehr subjektiv auszuwählen.
Deshalb versuchen wir es heuer mit einem spezifischen Kriterium: Wir schauen, was die Newcomer unter den Ausstellern mitgebracht haben. 13 Galerien sind es an der Zahl – fünf davon stellen wir hier genauer vor.
1. Clearing, New York / Brüssel
Im ersten Stock in der hintersten Ecke versteckt sich die Galerie Clearing, der Tisch des Standes steht draussen im Gang, der Ausstellungsraum ist versteckt hinter schwarzen Vorhängen. Die Galeristen haben für ihre erste Präsentation an der Liste den Künstler Calvin Marcus mitgebracht – direkt von der Hochschule kommend, mit Jahrgang 1988. Einer der Hotshots in Los Angeles, wie man mir versichert.
Ausstellungsräume in Miniatur von Calvin Marcus. (Bild: Karen N. Gerig)
Calvin Marcus wäre begeistert von der Liste-Leinentasche, die in Grün daherkommt, einer Farbe, die er offenbar mag. Jedenfalls stellte er zuletzt eine Selbstporträt-Serie namens «Green Calvin» aus: Grüne Leinwände, darauf das eigene Gesicht auf den Bauch eines Keramikhähnchens appliziert. Die grünen Leinwände kommen auch an der Liste vor, im Kleinformat allerdings und ohne die Poulets. Denn Marcus hat für seine Solo-Show kleine Ausstellungsräume kreiert. Sie erinnern ein wenig an Strandhäuschen, wie sie in Kalifornien stehen könnten. Darin hat er Ausstellungen im Miniaturformat eingerichtet, mit Skulpturen, die an Brancusi erinnern, oder eben mit eigenen Werken. Hübsch!
2. David Lewis, New York
Ebenfalls aus New York stammt David Lewis. Auch er präsentiert an der Liste nur eine einzige Malerin, nämlich Lucy Dodd (*1981). Sein Stand – eher der Eingangsbereich zu zwei anderen Ständen im Erdgeschoss – bietet nicht allzu viel Platz, also hat der Galerist mutig zur totalen Reduktion gegriffen und zeigt ein einziges grossformatiges Werk der New Yorker Künstlerin.
Ein Werk von Lucy Dodd genügt, um den Stand von David Lewis zu füllen. (Bild: Karen N. Gerig)
Es ist ein Gemälde, das gänzlich auf rechte Winkel verzichtet. Dodd mag organische Materialien, die sie zur Gestaltung ihrer Shaped Canvasses verwendet. Sie tröpfelt, streicht und pinselt Pigmente direkt auf den Untergrund, der diese mal mehr, mal weniger aufnimmt und absorbiert.
3. Green Art Gallery, Dubai
Auch Alexsei Afanasiev, Galerist der Green Art Gallery, setzt an seinem Stand im Sud auf eine Einzelposition. Nazgol Ansarinia heisst die iranische Künstlerin, die er für seinen Stand auserkoren hat.
Ansarinia schafft keine plakativen Werke, man soll ruhig etwas näher rangehen, um sie zu betrachten. All ihre Werke reflektieren die gesellschaftspolitische Situation ihres Heimatlandes. Dabei nimmt sie das Thema der «Reflexion» manchmal ganz wörtlich, indem sie Spiegel verwendet, um vermeintlich Unsichtbares sichtbar zu machen – beispielsweise unter der Sitzfläche versteckte Utensilien wie ein Handy oder Schlüssel.
Nazgol Ansarinia macht Verstecktes sichtbar. (Bild: Karen N. Gerig)
Auch Zeitungen sind ein Mittel der Reflektion. Nazgol Ansarinia übermalt Artikel mit Mustern, wie sie auch bei Spiegelmosaiken verwendet werden. Und zu guter Letzt können auch Haushaltsgegenstände Träger von Informationen werden. «Mendings» (Geflicktes) heisst eine Serie der Künstlerin, für die sie Teller oder Teppiche auseinandernimmt und wieder neu zusammensetzt. Vermeintlich sind sie wieder heil, doch bei allen fehlt in Fakt ein Stück.
4. High Art, Paris
Im dritten Obergeschoss hat die Pariser Galerie High Art ihr Plätzchen erhalten. Eines der Werke an ihrem Stand zog sofort die Aufmerksamkeit aller vorbeigehenden Besucher auf sich: In einem Glasbehälter kriechen unzählige Blutegel an einer künstlichen Torte herum.
Blutegel im Kunstgefäss. (Bild: Karen N. Gerig)
Das Werk stammt – wie viele weitere am Stand auch – von Max Hooper Schneider (*1982). Der junge Künstler aus Los Angeles mag zwar Organisches, nutzt aber oft künstliche Materialien, um Natürliches darzustellen. Plastiksukkulenten beispielsweise, oder auch ein Toastbrot aus Kunststoff.
5. Arcadia Missa, London
Die Stofftiere am Stand von Arcadia Missa im Erdgeschoss haben etwas Merkwürdiges an sich. Auf den ersten Blick wirken sie kuschelig, doch die phallusförmige Nase des einen Tieres oder aber der augenlose Kopf des anderen wirken eher abschreckend. Die Tiere stammen von Ann Hirsch (*1984). Sie nutzte dafür die Dienste eines Unternehmens, das Kinderzeichnungen zu Stofftieren transfomiert – jedem Kind sein selbstdesigntes Tier.
Hirsch bekam dann offenbar auch prompt einen Anruf, die Nase des einen Tieres betreffend. Die Hersteller sollten sich daraufhin einen «Stock» vorstellen, an dessen Ende eine Aprikose haftet…
Ann Hirschs Stofftiere – süss oder schräg? (Bild: Karen N. Gerig)
Neben Hirsch zeigt Arcadia Missa ein Performance-Projekt von Amalia Ulman (*1989). Die Künstlerin richtete dafür einen Instagram-Account ein, für den sie ein zweites Ich kreierte. Dieses Ich zelebrierte sich in einem ersten Schritt selbst, um in einem zweiten Schritt einen Nervenzusammenbruch zu simulieren und schliesslich und drittens sich wieder aufzurappeln. Das soziale Experiment kam scheinbar nicht nur gut an: Menschen, die sich mit ihr identifiziert hatten, zeigten sich verärgert, nachdem Ulman ihr zweites Ich als Kunstprojekt entlarvte.
Amalia Ulman inszeniert sich selbst. (Bild: Karen N. Gerig)
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Liste – Art Fair, Warteck pp, Burgweg 15. 16. bis 20. Juni, 13–21 Uhr, So 21. Juni, 13–18 Uhr.