Bei einer verheerenden Hochwasserkatastrophe in Niederbayern sind vier Menschen ums Leben gekommen. Die Leichen wurden am Mittwochabend in einem überschwemmten Haus und in einem Bach rund hundert Kilometer östlich von München gefunden, wie die Behörden mitteilten.
Ob es weitere Opfer geben könnte, war zunächst unklar. Ein Sprecher des Landratsamtes sagte, es gebe keine konkreten Hinweise auf weitere Vermisste – aber: «Es ist alles ein grosses Chaos».
Heftiger Regen hatte in der Region zu zerstörerischen Überschwemmungen geführt und mehrere Orte teils meterhoch überflutet. Der Landkreis Rottal-Inn löste Katastrophenalarm aus. Hunderte Kinder mussten am Mittwoch bis zum Abend in ihren Schulen ausharren, weil die Zufahrten nicht passierbar waren. Etwa 50 von ihnen mussten sich darauf einstellen, in der Mittelschule von Triftern zu übernachten.
Mit Booten und Helikoptern wurden Menschen aus ihren Häusern gerettet, etwa 9000 Haushalte waren ohne Strom. In Simbach wurden Autos und Bäume wurden weggespült. Die Schäden lagen nach ersten Schätzungen in zweistelliger Millionenhöhe.
Taucher bergen Leichen aus Mehrfamilienhaus
In einem Mehrfamilienhaus in Simbach am Inn bargen Taucher drei Leichen. Bewohner der oberen Stockwerke, die gerettet werden konnten, hatten auf die vermissten Bewohner im Erdgeschoss aufmerksam gemacht. Gegen 20.30 Uhr wurden die Toten von der Feuerwehr in dem überschwemmten Gebäude entdeckt. Die näheren Umstände der Todesfälle und die Identität der Opfer waren zunächst nicht bekannt.
In dem Nachbarort Julbach wurde eine Stunde später eine weitere Tote entdeckt. Die Leiche einer Frau hing über einen Baumstamm in einem Bach, wie die Polizei berichtete. Michael Fahmüller, der Landrat des Kreises Rottal-Inn, zeigte sich tief betroffen. «Unser Mitgefühl gilt den Angehörigen», sagte er.
32 Liter Regen pro Quadratmeter fielen binnen sechs Stunden allein in der Kreisstadt Pfarrkirchen. «Es herrscht Land unter. Die Wassermassen kamen sehr schnell», hiess es von der Polizei. Erst am Abend entspannte sich die Lage und das Wasser lief ab.
Trübe Aussichten
Hochwasser droht auch in den kommenden Tagen, denn die Aussichten bleiben trüb: Mindestens bis Sonntag werde sich die Gewitterluft in Deutschland halten, sagte der Meteorologe Simon Trippler vom Deutschen Wetterdienst (DWD). Aus Polen zog Tief «Friederike» herüber. In der Mitte, im Osten und im Norden Deutschlands könnte es Unwetter geben – aber auch im Südwesten, der schon zu Wochenbeginn besonders stark betroffen war. Am Mittwochabend regnete es heftig über Nordrhein-Westfalen.
In Triftern mussten rund 250 Kinder den Tag über in der Turnhalle ausharren, in Simbach sassen 350 Schüler fest. Während die Schüler aus Simbach bis zum Abend wieder nach Hause konnten, waren in Triftern etwa 50 Kinder auch am späten Abend noch in der Mittelschule. Sie wurden von 25 Erwachsenen betreut, wie das Landratsamt mitteilte.
Eine Asylbewerberunterkunft in Simbach wurde ebenfalls geräumt. Bei einem Bootsausflug auf dem Schwarzen Regen wurde eine Schulklasse aus Augsburg vom Unwetter überrascht: 20 Kinder strandeten auf einer Insel und mussten gerettet werden. Lastwagenfahrer kletterten auf der Bundesstrasse 12 auf die Dächer ihrer Fahrzeuge. Passau rief angesichts anhaltender Regenfälle den Katastrophenfall aus.
Starkregen machte den Menschen auch in Hannover, Leipzig, Düsseldorf, Dresden und Prag zu schaffen. Die Pegelstände an Rhein, Nahe und Mosel fielen nach einem sprunghaften Anstieg zu Wochenbeginn vorerst. Am Niederrhein gab es am Abend aber schwere Schäden wegen extremen Starkregens.