Die Schweizer Bevölkerung stuft die Auswirkungen der Immigration auf die Gesellschaft heute positiver ein als noch zu Beginn des neuen Jahrtausends – dies trotz verschärfter Zuwanderungsdebatte. Positiv eingestellt sind vor allem gut ausgebildete, junge Menschen.
Dies belegt der neueste Bericht des European Social Survey (ESS) der sich auf über 40’000 Interviews stützt, die zwischen 2014 und 2015 in ganz Europa durchgeführt wurden. Die am Freitag publizierte Studie vergleicht die Einstellungen und Ansichten der Bevölkerung zur Immigration in 21 europäischen Ländern. In der Schweiz wurden rund 2000 Menschen befragt.
Toleranz bei Glauben und Hautfarbe
Auf die Frage, welche Eigenschaften eine Migrantin oder ein Migrant mitbringen soll, damit sie oder er in der Schweiz bleiben darf, sagte über zwei Drittel der Befragten, es sei ihnen wichtig, dass diese Person die schweizerische Lebensweise annimmt und eine Landessprache sprechen kann. Für eine grosse Mehrheit der Befragten war es hingegen unwichtig, ob diese Person einen christlichen Hintergrund mitbringt oder eine weisse Hautfarbe hat.
Frühere Untersuchungen hatten gezeigt, dass die Einstellungen zur Einwanderung stark mit anderen persönlichen Eigenschaften verknüpft sind, wie beispielsweise dem Alter, dem Bildungsniveau und der wirtschaftlichen Lage. Das zeigt sich auch in der neusten Untersuchung: Fast 80 Prozent der gut ausgebildeten, jungen Bevölkerung sprechen sich für eine Zuwanderung aus ärmeren, nichteuropäischen Ländern aus. Bei der wenig gebildeten, älteren Bevölkerung ist nur knapp die Hälfte der Befragten positiv gestimmt.
Insgesamt überwiegt in der Schweiz die Einstellung, dass es sich wegen Zuwanderern besser lebt (38,5 Prozent). 24,4 Prozent der Befragten gehen vom Gegenteil aus. Am negativsten wirkt sich die Migration laut den Befragten immer noch auf die Kriminalität aus: Fast zwei Drittel der Schweizer Bevölkerung denken, dass durch die Immigration die Kriminalitätsprobleme zunehmen.
Europa mehr und mehr gespalten
Die europäische Bevölkerung ist im Vergleich zu den Jahren 2002/2003 leicht positiver eingestellt gegenüber Migrantinnen und Migranten, die aus Europa stammen. Dies gilt aber nicht für Einwanderer aus ärmeren, nichteuropäischen Ländern.
Wo Anfang des neuen Jahrtausend noch 11 Prozent der Europäerinnen und Europäer der Ansicht waren, dass es niemandem aus diesen Ländern erlaubt sein sollte, in ihr Land zu kommen, sind es in den Jahren 2014/2015 bereits 20 Prozent, die diese Ansicht vertreten.
Laut der Studie sind jüdische Menschen willkommener als Muslime, welche wiederum willkommener sind als Roma – diese Hierarchie von bevorzugten Migrantengruppen wurde in allen 21 Ländern festgestellt.
Der European Social Survey (ESS) ist eine wissenschaftliche Erhebung, die seit 2002 alle zwei Jahre in mehr als 20 europäischen Ländern durchgeführt wird. In der Schweiz wird die Befragung vom Schweizerischen Kompetenzzentrum Sozialwissenschaften FORS an der Universität Lausanne durchgeführt.