Wer von Militärs ins Gefängnis gesetzt wurde, wer jahrelang als Flüchtling lebte, wer nie die Musik in seinem Leben verlor, wer nie die Beziehung zu seine Wurzeln verleugnete, deren Abstammungen mehrere Kontinente auf sich vereint – der tritt eine Weltreise auf der Suche nach seinen musikalischen Vorfahren mit anderen Augen an, als ein gewöhnlicher Tourist.
Die Wahrscheinlichkeit, dass Gilberto Gil, der ehemalige Kulturminister Brasiliens, mit seinem Stammbaum überall auf der Welt Schwestern und Brüder antreffen wird, ist gross. Noch eher ist anzunehmen, dass ein Komponist und Musiker wie er, bei den Eingeborenen anderer Kontinente auf musikalische Verdandte treffen wird. Wenn Gil einen Willkommensgruss an die «Brüder und Schwestern» richtet, wirkt er nicht pathetisch. Eher bescheiden.
Mit grosser Selbstverständlichkeit lädt der grosse Musiker uns auf eine Reise ein, die wir so ohne ihn nie machen könnten. Es ist seine Natürlichkeit, die uns der Einladung von Gilberto Gil zu einem «Viramundo» gerne folgen lässt. Der Grossmeister der brasilianischen Musik holt uns ganz langsam und unaufdringlich in seinen Live-Zauber. Der Brasilianer folgt dabei dem alten afrikanischen Sprichwort, dass der Mensch zwei Ohren, aber nur eine Zunge hat. Er lauscht hauptsächlich, den Klängen, den Worten, den Rhythmen seiner Ahnen, und begibt sich sachte auf die Suche nach den musikalischen Wurzeln seiner eigenen Herkunft.
Wir treffen aber nicht nur Ureinwohner und ihre musikalischen Riten. Wir treffen auch auf Symbolfiguren von musikalischen Strömungen, wie Peter Garrett, den Frontmann der australischen Rockband «Midnight Oil», oder auf den Südafrikaner Vusi Mahlasela, «Die Stimme», oder Shellie Morris aus Australien. Indem Gilbero Gil sie besucht und zuWort kommen lässt, legt er nicht nur den Finger in die alten Wunden der Konolisation oder der Apartheit. Er lässt uns am musikalischen Erbe der Völker teilhaben. Sein «Viramundo» ist mehr als ein Dokumentarfilm mit Überblick. Es ist eine Begegnung auf Augenhöhe.