Robert Moog wäre heute 80 Jahre alt geworden. Der Pionier der elektronischen Musik hat uns eine Synthesizer-Marke hinterlassen, mit der unverkennbare Sounds – und unvergessliche Songs – produziert worden sind. Eine Reise durch Moog-Melodien.
Wer seinen Nachnamen hört, beginnt gutgelaunt zu brummen und zu fiepsen: Denn Robert Moog (1934–2005) gehörte zu den grossen Pionieren der Synthesizer-Technologie. Sei es mit seinem Theremin oder seinen Tasteninstrumenten: Moog hat indirekt Musikgeschichte geschrieben, indem er Sounds schuf und zur Popularität verhalf, die mittlerweile Einzug in die Popkultur gehalten haben.
Mit 15 ein Theremin gebaut
Im Jahr 1964 begann der New Yorker Physiker professionell Synthesizer-Module herzustellen. Zu tüfteln begonnen hatte er aber schon 1949, da war er gerade mal 15, als er sein erstes Theremin herstellte.
Den Durchbruch schaffte der Synthesizer durch ein Album, das Bob Moogs Assistent Walter Carlos zu Präsentationszwecken aufnahm: «Switched On Bach» wurde 1968 zum Verkaufsschlager – manche sprechen gar vom meistverkauften Klassikalbum der Geschichte. Tatsache ist, dass über eine Million Exemplare dieser mit diesen elektronifizierten Bach-Themen über die Ladentische wanderten – und dass damit der Moog-Synthesizer in die Haushalte dieser Welt einzog.
Vor zwei Jahren würdigte ihn Google mit einem Doodle. Heute würde Bob Moog 80. Und wir würdigen ihn mit einer Liste. Längst vorbei sind die Zeiten, als man seine Erfindungen noch als abgefahrene Zukunftsmusik ankündigen musste, so wie hier die BBC:
Was Bob Moog in den 1960er-Jahren auf den Markt brachte, wurde aber nicht einfach freudig begrüsst, weder von Musikern noch von Ingenieuren – im Gegenteil, gross war zunächst die Skepsis gegenüber diesen Musikmaschinen: «Fühlen Sie sich nicht schuldig für das, was Sie getan haben?», wurde Bob Moog vorwurfsvoll auf einem Kongress gefragt, nachdem er seinen Synthesizer der Öffentlichkeit vorgestellt hatte. Die Leute hatten Angst vor den neuen Klängen, vor der Computerwelt.
Nachfolgend, zu Ehren von Bob Moog und dessen Innovation, Klassiker mit Moog-Sounds, die wir nie vergessen werden:
1. The Beatles: «Here Comes The Sun» (1969)
Bemerkenswert: Wir alle wissen, dass diese schön-sanfte Nummer von George Harrison geschrieben wurde, dem stillen Lead-Gitarristen der Beatles. Doch vergessen wir dabei, dass ausgerechnet auf diesem Stück der Synthesizer eine pionierhafte Rolle im Pop einnimmt. Zwar wurde der Moog in den Hintergrund gemischt, wenn man sich aber das repetitive Finale des Songs en detail anhört, wird einem auf einmal klar, wie tragend die Funktion des Moogs ist. Stunning!
2.Emerson, Lake & Palmer: «Lucky Man» (1970)
Allein die Entstehungsgeschichte dieses Lieds steht für eine wunderbare Anekdote: Die neu gegründete britische Band setzte sich aus den Virtuosen Keith Emerson (Keyboards), Greg Lake (Bass/Gitarre) und Carl Palmer (Drums) zusammen. Das Trio hatte einen Plattenvertrag erhalten und arbeitete an seinem Debütalbum, als ihm das Songmaterial ausging. Da grub Lake eine Liedidee aus, die er seit seinem 12. Lebensjahr mit sich herumtrug: «Lucky Man». Eine wunderbar-eingängige Folknummer, zu der Keith Emerson am Ende ein Solo hinzufügte, das in die Geschichte ging als eines der ersten Synthesizer- und Moog-Soli auf einem Rockalbum. First take, also im ersten Durchlauf nahm man es auf – was herauskam, blieb für die Ewigkeit.
PS: Bob Moog zu Ehren gibt es ein Festival, bei dem der Maestro kurz vor seinem Tod Keith Emerson, einen seiner frühesten und berühmtesten Promoter, persönlich ankündigte.
3. PFM: «Impressioni di Settembre» (1974)
Ebenso kultig wie «Lucky Man» – und stilstisch überaus artverwandt – ist eine italienische Canzone aus den frühen 1970er-Jahren: «Impressioni di Settembre» der Progressive-Folk-Gruppe PFM. Vor einigen Wochen nur en passant erwähnt, hat dieser Song hier endlich den grossen Auftritt, den er verdient hat. Meraviglioso.
4. Hot Butter: «Popcorn» (1972)
Ein Instrumental-Hit ist an und für sich schon aussergewöhnlich. In diesem Fall aber kann man vom ersten ganz grossen Synthie-Wunder im Singleformat sprechen: «Popcorn» heisst das Stück, das 1972 einen Vorgeschmack auf das lieferte, was später unter Disco die Tanz- und Musikwelt auf den Kopf stellte. Geht ganz schön nervös ab, das Stück, und irgendwie auch auf die Nerven. Aber ist zugleich dermassen kult, dass man es vor jeder Kritik schützen möchte.
5. Kraftwerk: «Autobahn» (1974)
Wenn wir es von Synthesizergeschichte haben, dürfen sie natürlich nicht fehlen: Kraftwerk aus Düsseldorf, die grossen Pioniere der elektronischen Musik. Krautrock nannten das damals die englischsprachigen Medien ein bisschen abschätzig. Aber eigentlich bewunderte man rund um den Globus, was Deutschlands Musikszene in den frühen 70er-Jahren produzierte: Abgefahrene Sounds, synthetische Experimente, zwischen Jazz, Pop, Rock und Musique Concrète. Nebst Kraftwerk seien auch Tangerine Dream erwähnt. Aber stick to the hits: Hier kommt «Autobahn», das markante Moog-Sounds enthält – aber nicht nur solche! Fachleute, die die einzelnen Synthies aufschlüsseln und zuweisen können, werden mit einem grossen Knicks bedacht. Bitte in der Kommentarfunktion erläutern!
6. Donna Summer: «I Feel Love» (1977)
Giorgo Moroder – ja genau, jener Giorgio, den Daft Punk im vergangenen Jahr zum Leben erweckt haben, gehört zu den Erfindern der Discomusik, die bis heute im House nachhallt. In München produzierte er Mitte der 70er-Jahre Songs für die US-amerikanische Sängerin Donna Summer. Ihr schob er eine Tanzmusik unter, die man schlicht unter Disco archivieren sollte. Dazu verwendete er Synthesizer-Technik, die sich wie eine Weiterentwicklung von «Popcorn» anhört. Das fand auch Donna Summer: «Was zum Teufel soll das denn sein?» fragte sie im Studio: «Ich sah das Ganze als Witz an.» Sie irrte sich. Als die Single «I Feel Love» 1977 erschien, eilte der Elektroniktüftler Brian Eno zu David Bowie und legte «I Feel Love» auf: «Diese Single wird die Clubmusik der nächsten 15 Jahre verändern», sagte Eno zu Bowie – und er hatte recht.
Wer «I Feel Love» sagt, muss auch «Funkytown» sagen. Denn dieser Discotrack, im Jahr 1979 von der amerikanischen Lipps Inc. aufgenommen, ist nicht weniger stilbildend für Disco – und ebenso markant repräsentativ für die Sounds der Moog Synthesizer:
7. Beastie Boys: «Make Some Noise» (2011)
Wir könnten Hunderte andere Lieder nehmen, um hier einen redaktionellen Schlusspunkt zu setzen. Entschieden haben wir uns für die Beastie Boys, aus folgenden Gründen:
1. Weil ein Hip-Hop-Track in einer Synthie-Hommage recht überraschend wirkt.
2. Weil der Videoclip unglaublich cool ist – und der Track sehr funky.
3. Weil der Song kurz vor Adam Yauchs Tod erschienen ist – und somit auch an ihn erinnert.
Was vergessen? Hinweise sind erwünscht!
Natürlich könnte man zahlreiche weitere Beispiele nennen, von Pink Floyd bis … Pink???? Anyway, jetzt seid ihr gefragt: Welche weiteren Moog-Songs gehören in jeden guten Haushalt? Sagt es uns in den Kommentaren!
Bonustrack: Dokfilm über Bob Moog
Zu Ehren von Bob Moog, der heute 80 Jahre alt würde, haben wir noch diesen Dokumentarfilm aus dem Netz gefischt.