Von wegen «Klein Instanbul»

Das Statistische Amt Basel-Stadt hat die aktuelle «Wanderungsanalyse» der Bevölkerung veröffentlicht. Das ist die Gelegenheit, einen Blick auf die Bevölkerungsstruktur im Unteren Kleinbasel zu werfen und einmal mehr gängige Klischeevorstellungen zu relativieren. «Basel wird immer deutscher» verkündet die Schlagzeile zum Frontaufhänger der «Basler Zeitung» vom 28. Juni über die aktuelle Wanderungsanalyse des Statistischen Amtes Basel-Stadt. […]

Die ausländische Bevölkerung nach Staatsangehörigkeit

Das Statistische Amt Basel-Stadt hat die aktuelle «Wanderungsanalyse» der Bevölkerung veröffentlicht. Das ist die Gelegenheit, einen Blick auf die Bevölkerungsstruktur im Unteren Kleinbasel zu werfen und einmal mehr gängige Klischeevorstellungen zu relativieren.

«Basel wird immer deutscher» verkündet die Schlagzeile zum Frontaufhänger der «Basler Zeitung» vom 28. Juni über die aktuelle Wanderungsanalyse des Statistischen Amtes Basel-Stadt. Zieht man einen langjährigen statistischen Vergleich zu Rate, muss man diese Aussage allerdings etwas relativieren. 2011 lebten rund 15’000 deutsche Staatsangehörige in Basel, was einem Bevölkerungsanteil von 8% entsprach. 1920 waren es noch über 28’000 Deutsche oder stattliche 20%. Aber wenn man nur die letzten zehn Jahre betrachtet, dann kann man diese Aussage zumindest als Beschreibung einer statistischen Entwicklung so stehenlassen.

Diese Deutschen zieht es unter anderem ins Matthäusquartier im Unteren Kleinbasel: 2012 wohnten 1391 von ihnen im Quartier, was einem Bevölkerungsanteil von 8,7% entspricht (was leicht über dem kantonalen Durchschnitt liegt). Damit sind die deutschen Staatsangehörigen nach den Schweizerinnen und Schweizern (49%) die mit Abstand stärkste Nationengruppe im Quartier (und das seit 2008). Gefolgt werden die Deutschen von den Menschen aus Serbien, Montenegro und Kosovo (924), den unter «Türkei» aufgeführten Bewohnerinnen und Bewohnern (900) sowie den Italienerinnen und Italienern (880).

Falsches Klischee «Klein Istanbul»

Diese Statistik widerspricht deutlich dem auch in der «Basler Zeitung» immer wieder kolportierten und von vielen Schweizer Zeitungen übernommenen Übernamen «Klein-Istanbul» für das Untere Kleinbasel. «Klein Berlin» würde besser passen, «Piccola Roma» wäre etwa gleich unpassend, und mit «Klein Belgrad» hätten die Einwanderer aus dem Kosovo und aus Montenegro wohl ihre Mühe. Wie übrigens auch die meisten der in der Bevölkerungsgruppe «Türkei» aufgeführten Menschen mit dem Begriff «Klein Istanbul» ihre grösste Mühe haben dürften, weil viele von ihnen als kurdische Flüchtlinge nach Basel kamen.

Die unter «Türkei» zusammengefasste Bevölkerungsgruppe hat in den letzten zwölf Jahren zahlenmässig relativ stark abgenommen: von 1419 auf 900. Das gilt übrigens auch für Italienerinnen und Italiener (1395 auf 880) und, mit Ausnahme von Mazedonien, für die verschiedenen Bevölkerungsgruppen, die ursprünglich mal zu Jugoslawien gehörten (Serbien, Montenegro, Kosovo, Kroatien, Bosnien-Herzogowina, Mazedonien und Slowenien). Eine gegenläufige Entwicklung ist bei der Bevölkerung aus dem indischen Subkontnent zu beobachten: Während bei Sri Lanka zwischen 2000 und 2012 eine zahlenmässig leichte Abnahme zu beobachten ist (von 226 auf 147)  sind die Inderinnen und Inder auf dem Vormarsch (von 15 auf 446).

Der reiche Westen am stärksten vertreten

Zählt man aber alle Ex-Jugoslawinnen und -Jugoslawen zusammen, dann sind sie mit 1672 Einwohnerinnen und Einwohnern noch immer relativ stark vertreten im Matthäusquartier. Allerdings nicht ganz so stark wie die westlichen Südeuropäerinnen und -europäer (Italien, Spanien und Portugal), die auf 1702 Quartierbewohnerinnen und -Bewohner kommen. Und erst recht nicht wie die Bevölkerung aus den reichen westlichen Industriestaaten (Deutschland, Grossbritannien, Frankreich, Österreich und USA), die mit 1842 Personen an der Spitze liegt.

Nicht näher augeführt sind in der Statistik die Nationen, die unter dem Stichwort «Übriges Ausland» zusammengefasst werden. Hier ist von 2000 bis 2012 ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen: von 596 auf 1430 Menschen. Zumindest der Begriff «Multikulti» lässt sich also fürs Untere Kleinbasel nicht ganz von der Hand weisen. Diese Nationen im einzelnen aufzuführen, ist nicht möglich, weil für die einzelnen Quartiere keine detaillierten Angaben vorliegen. Und sie dürfte auch den Platz hier bei weitem sprengen: In der Gesamtstatistik für die baselstädtische Bevölkerung sind rund 180 verschiedene Nationen aufgeführt, wobei bei den oben nicht aufgeführten Staten die Niederlande, Brasilien und Polen an der Spitze liegen, während der Einwohner aus dem letztplatzierten Land namens Kiribati, der 1998 in Basel lebte, längst wieder weggezogen oder verstorben ist.

 

 

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