Vonns erhofftes Happy End von «Chasing History»

Lindsey Vonn startet bei der WM in St. Moritz in drei Disziplinen. Neben der Abfahrt und dem Super-G bestreitet die Amerikanerin auch die Kombination. Im Visier hat Vonn aber vor allem einen Rekord.

Lindsey Vonn zeigte sich im Interview vor Beginn der WM in St. Moritz gut gelaunt (Bild: sda)

Lindsey Vonn startet bei der WM in St. Moritz in drei Disziplinen. Neben der Abfahrt und dem Super-G bestreitet die Amerikanerin auch die Kombination. Im Visier hat Vonn aber vor allem einen Rekord.

Lindsey Vonn hielt einen Tag vor Beginn der Ski-WM Hof. Bei der Präsentation der vom Spartensender Eurosport produzierten mehrteiligen Dokumentation «Chasing History» nannte die Amerikanerin den Siegrekord von Ingemar Stenmark im Weltcup erneut «oberstes Ziel».

Es war keine Präsentation im herkömmlichen Sinn. Es war eine Inszenierung – eben so halt, wie es Vonn mag. Es hat etwas Symptomatisches an sich, dass die Film-Dokumentation, in der neben dem sportlichen Tun der Amerikanerin auch deren Privat-Bereich reflektiert wird, eine Verletzung zum Inhalt hat. Die Zuschauer erleben den Sturz im vergangenen November im Training in Copper Mountain mit, bei dem sich Vonn den rechten Oberarm bricht, und haben danach auch Einblick während den Wochen der Rehabilitation.

Lindsey Vonn spricht von ihren grossen Schmerzen vor und nach der Operation, sie zeigt die Röntgenbilder des Arms, in dem die Brüche mit Schrauben und Platten fixiert sind. Das Ganze verleiht der Serie Dramatisches, Heldenhaftes. Typisch Lindsey Vonn halt. Die ersten zwei Teile der Staffel hat Eurosport am Sonntagabend ausgestrahlt.

Die lange Verletzungskette

Symptomatisch deshalb, weil dieser Armbruch am Ende einer langen Kette von Verletzungen steht, die Lindsey Vonn vor oder während grossen Meisterschaften erlitten hat. Das Unheil begann an den Olympischen Spielen 2006 in Turin. Damals war sie nach einem heftigen Sturz im Abfahrtstraining mit der Diagnose «Rückenprellungen» verhältnismässig glimpflich davon gekommen.

Das Pech setzte sich an der WM im folgenden Winter in Are in Schweden mit einem im Slalom-Training erlittenen Kreuzband-Anriss im rechten Knie fort. Zwei Jahre später, nach ihrem WM-Titel in der Abfahrt in Val d’Isère, durchtrennte sie beim Öffnen einer Champagner-Flasche eine Sehne am rechten Daumen.

Danach waren es ein Fingerbruch an den Olympischen Spielen 2010 in Vancouver, die vor der WM 2011 in Garmisch zugezogene Hirnerschütterung und vor allem der Sturz im Super-G an der WM 2013 in Schladming- mit einem Kreuzband- und Innenbandriss im rechten Knie sowie einem Schienbeinkopfbruch als fatale Folgen. Ein weiterer Kreuzbandriss im gleichen Knie rund neun Monate danach bedeutete das Aus für die Olympischen Spiele 2014 in Sotschi.

Der Armbruch schränkt Lindsey im täglichen Leben nach wie vor ein. «Die Haare zusammenzubinden klappt noch nicht. Zudem wird die Hand müde, wenn ich zu viele Autogramme schreibe.» Das Selbstvertrauen ist noch nicht vollumfänglich wieder hergestellt. Die zwei Stürze in der vergangenen Woche in Cortina waren diesbezüglich ebenfalls nicht förderlich.

Trotzdem hat Lindsey Vonn in St. Moritz Grosses vor. «Ich hoffe, ich kann Medaillen gewinnen.» Neben der Abfahrt und dem Super-G wird sie auch in der Kombination an den Start gehen, «obwohl ich in diesem Winter bisher keinen einzigen Slalom-Lauf gefahren bin.»

Stenmarks Versprechen

Mit dem Anpeilen von Ingemar Stenmarks Bestmarke von 86 Weltcup-Siegen hat Lindsey Vonn allerdings ein viel grösseres Ziel als weiteres WM-Edelmetall vor Augen. Damit lasse sich Geschichte am besten schreiben. «Daran werden sich die Leute viel mehr erinnern als an alles andere.»

Stenmark hatte sie im letzten Winter beim Parallelrennen in Stockholm zum bisher einzigen Mal getroffen. Der Schwede versprach, vor Ort zu sein, wenn sie die Möglichkeit hat, Rekordhalterin zu werden. «Ich hatte nie gedacht, jemals so viele Siege feiern zu können. Früher war es mein einziger Traum gewesen, Olympiasiegerin zu werden. Stenmarks Marke so nahe zu sein ist unglaublich.»

Gelingt Lindsey Vonn die Verbesserung des Rekords, findet «Chasing History», die «Jagd nach Geschichte», das erhoffte Happy End. Im Mittelpunkt werden nicht mehr Verletzungen und Schmerzen, sondern Siege stehen. Bleiben wird nur das Heldenhafte.

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