Vor 100 Jahren ist am Rotsee ein Magazin mit Handgranaten explodiert. Fünf Angestellte starben. Munition und Gebäudeteile wurden in den See geschleudert. Trotz Suchaktionen mit hunderten geborgenen Granaten könnten sich Einzelexemplare noch immer im See befinden.
Die Schweizer Armee testete die Handgranaten des Typs Siegwart DHG 16 während des Ersten Weltkrieges. Ein Privatbetrieb am Rotsee stellte sie her. Zum Einsatz kamen sie allerdings nie.
Am Nachmittag des 20. Oktobers 1916 kam es in dem Munitionsdepot beim Seeausfluss etwas oberhalb des Ufers gegen Ebikon LU hin zum Unglück. Vermutlich wegen Lötarbeiten an mit Granaten gefüllten Blechkisten flog das Depot VI plötzlich in die Luft.
Das Handgranatenunglück am friedlichen Rotseeufer hatte damals über die Region hinaus bis ins Bundeshaus für Aufsehen gesorgt. Fünf Arbeiter kamen ums Leben. Teile des Gebäudes und hunderte Versuchsgranaten wurden durch die Wucht bis in den bei Badenden und Ruderern beliebten See geschleudert.
Drei grosse Suchaktionen
Seit dem Unglück sind bei Such- und Tauchaktionen von Privaten sowie von Armee und Polizei in dem bis zu 15 Meter tiefen See immer wieder einzelne Handgranaten gefunden worden. Alleine 1979, 2000 und 2001 wurden über 1660 Granaten geborgen. Die Fundstellen lagen in der Nähe der Rotsee-Badi am südöstlichen Ende des Sees. Untersuchungen mit Metalldetektoren zeigten, dass auch tiefer im Grund immer noch Sprengkörper steckten. Darum wurde der Seegrund 2002 saniert.
Ein Sprecher der Luzerner Polizei sagte am Donnerstag auf Anfrage, dass trotz Bergungs- und Sanierungsmassnahmen in den vergangenen Jahrzehnten nicht ausgeschlossen werden könne, dass sich noch immer einzelne Exemplare im Boden befänden.
Gemäss Polizei und dem Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) besteht für Badende und Ruderer keine Gefahr. Laut VBS sind die Granaten nur bei einer unsachgemässen Bergung gefährlich. Unfälle könnte es geben, wenn die Handgranaten nach der 100-jährigen nassen Lagerung getrocknet oder erwärmt werden.
Für einen Teil der Handgranaten im Rotsee gibt es allerdings noch eine weitere Erklärung. Möglich ist auch, dass Handgranaten im Anschluss an die Räumungsarbeiten im See versenkt wurden. Bis 1965 wurde laut der Armee nicht mehr gebrauchte Munition in Seen versenkt. Bei Tauchgängen wurde festgestellt, dass sich die Handgranaten-Funde auf einer Linie in Ufernähe auf einer Länge von rund 250 Metern konzentrierten.