Griechenland und seine europäischen Partner haben sich im Schuldenstreit geeinigt. «Es ist ein sehr positives Ergebnis», sagte Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem nach dem Treffen am Freitagabend in Brüssel. Er sprach von einer «intensiven Debatte».
Die Beteiligten hätten sich auf eine Vereinbarung verständigt. «Heute Abend gab es den ersten Schritt, um wieder Vertrauen aufzubauen», sagte der Eurogruppen-Chef. Es sei ein «wichtiger Schritt in die richtige Richtung». Das Hilfsprogramm für Griechenland wir laut Dijsselbloem um vier Monate verlängert. Athen hatte um sechs Monate gebeten.
Die Lage in Griechenland müsse stabilisiert werden, sagte Dijsselbloem. Mit Blick auf die Vier-Monats-Frist sagte er, es müsse zugleich nun an der Anschlussregelung gearbeitet werden. Es müsse der Finanzierungsbedarf ermittelt werden. Vier Monate seien ein angemessener Zeitraum.
Ausserdem habe sich die griechische Regierung verpflichtet, die Reformen fortzusetzen. Sie bekräftige, das Hilfsprogramm bis zum 30. Juni inklusive der Spar- und Reformauflagen erfolgreich abschliessen zu wollen. Gemäss einem Communiqué der Euro-Finanzminister wird Griechenland am Montag eine erste Liste mit Reformvorschlägen präsentieren.
Athen will Steuerhinterziehung bekämpfen
In einer ersten Reaktion aus Athen zur Einigung in Brüssel hiess es aus Regierungskreisen: «Griechenland hat am Freitag eine neue Seite aufgeschlagen.» Und weiter: «Die viermonatige Zeit, die das Land bekommen hat, wird Athen die Zeit geben, die es braucht, um seine Planung in die Tat umzusetzen.»
Athen versichere, die Steuerhinterziehung und die Korruption rigoros zu bekämpfen und Massnahmen zu treffen, die die Folgen der humanitären Krise mindern werden, hiess es weiter.
Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble lobte die Einigung mit Griechenland als guten Kompromiss. Nach drei schwierigen Sitzungen sei in einer schwierigen Frage ein wichtiger Schritt erreicht worden, es gebe jetzt Klarheit, die schon seit Mittwoch vergangener Woche erhofft worden sei. «Entscheidend ist, dass die Verpflichtungen Griechenlands sich ausdrücklich auf das Programm beziehen», sagte Schäuble weiter.
Troika bekommt neuen Namen
Die «Institutionen» – dieser Begriff wird nun an Stelle der verhassten «Troika» verwendet – wird dann gemäss Dijsselbloem eine erste Einschätzung abgeben, ob dies ein Ausgangspunkt sei, um die Kontrolle des Hilfsprogramms am Ende erfolgreich abzuschliessen. Die Liste werde dann um Details ergänzt.
Der Eurogruppen-Chef sagte weiter, möglich sei wohl auch eine Folgevereinbarung für Griechenland, in welcher der Internationale Währungsfonds (IWF) als wesentlicher Geldgeber Athens «auch weiterhin seine Rolle spielen» werde.
EU-Währungskommissar Pierre Moscovici sagte, die Einigung sei nicht nur im Interesse Griechenlands, sondern ganz Europas. Moscovici sprach von ausgewogenen Vereinbarungen. Sie ermöglichten es Athen, eigene Ziele umzusetzen, aber auch Verpflichtungen einzuhalten.
Langer Weg zum Kompromiss
Ohne weitere finanzielle Unterstützung hätte Athen die Staatspleite und womöglich auch das Ende der Mitgliedschaft in der Eurozone gedroht. Denn das aktuelle Hilfsprogramm für Griechenland läuft am 28. Februar aus.
Griechenland hatte daher am Donnerstag nach zwei gescheiterten Eurogruppen-Treffen einen Antrag für eine Verlängerung der «Kreditvereinbarung» mit den internationalen Gläubigern eingereicht. Doch die mit einer weiteren finanziellen Unterstützung verbundenen Spar- und Reformauflagen lehnt Athen weiterhin ab.
Die Verhandlungen am Freitag hatten daher ohne sichtbare Kompromissbereitschaft begonnen. Finanzminister Gianis Varoufakis hatte vor Beginn des Treffens Korrekturen am Antrag Griechenlands abgelehnt und Entgegenkommen der Partner verlangt. Deutschland und andere Euro-Länder kritisierten die Forderungen Athens scharf.
Beginn mehrmals verschoben
Der Beginn des Euro-Finanzministertreffens war daher mehrere Male verschoben worden. Grund dafür: Im Vorfeld des Treffens fanden Vorgespräche in verschiedenen Konstellationen statt, um einen möglichen Kompromiss aufzugleisen.
Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble und sein griechischer Amtskollege Varoufakis sollten demnach nacheinander mit Eurogruppen-Chef Dijsselbloem, IWF-Chefin Christine Lagarde und EU-Währungskommissar Moscovici reden.
Die Verlängerung des Hilfsprogrammes für Griechenland muss als nächstes noch von verschiedenen nationalen Parlamenten gut geheissen werden – so in Deutschland, Finnland und Estland.
Der Eurokurs reagierte positiv auf die Einigung. Die Gemeinschaftswährung sprang auf den höchsten Stand des Tages und erreichte 1,1430 US-Dollar.