Die Vorschläge des Bundesrates für eine Verfassungsänderung zur Einführung von Klima- und Energielenkungsabgaben haben einen schweren Stand. Die Wirtschaft fürchtet höhere Kosten, den linken Parteien und Umweltvertretern ist der Artikel zu vage.
Der Bundesrat möchte für die Energiewende Lenkungsabgaben auf Brennstoffen wie Heizöl und Treibstoffen sowie eine Stromabgabe erheben. Benzin und Diesel sollen aber in einer ersten Phase noch von der Abgabe befreit werden, ebenso energieintensive Industrien.
Parallel zur Einführung der neuen Abgaben sollen die kostendeckende Einspeisevergütung (KEV), mit welcher heute erneuerbare Energien gefördert werden, und das Gebäudesanierungsprogramm auslaufen.
Mit der Vorlage möchte der Bundesrat gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen: den Atomausstieg schaffen und die Klimaziele erreichen. Er hat dazu im März eine Verfassungsänderung als Teil der Energiestrategie 2050 in die Vernehmlassung geschickt. Diese ging am Freitag zu Ende.
Breiter Widerstand im Parlament zu erwarten
Über die Verfassungsänderung müsste dereinst das Volk abstimmen. Ob es so weit kommt, ist offen, denn die Vorlage dürfte in dieser Form bereits im Parlament scheitern.
Für die SP ist sie eine «Katze im Sack», die die Partei so nicht kaufen will, wie sie in ihrer Vernehmlassungsantwort schreibt. Wie den Grünen und den Umweltverbänden gefällt es der SP nicht, dass die KEV und das Gebäudesanierungsprogramm via einen Verfassungsartikel zwingend abgeschafft werden sollen, wenn zugleich offenbleibt, in welcher Form und in welcher Höhe die Lenkungsabgabe eingeführt werden soll.
Auch bliebe unklar, wie dann Energiesparen und erneuerbare Energien finanziert würden. Die Grünen und die Umweltorganisationen WWF, Pro Natura, VCS und Greenpeace schlagen deshalb anstelle eines Übergangs von einem System auf ein anderes vor, die bereits bestehenden Massnahmen mit einer neuen Lenkungsabgabe zu kombinieren.
Dagegen plädieren FDP und GLP für die vollständige Abschaffung der KEV und des Gebäudesanierungsprogramms. Die GLP kritisiert bei beiden falsche Anreize durch Mitnahmeeffekte, und die FDP will keine parallelen Systeme.
Die parallele Weiterführung von Förderung und Lenkung stört auch den Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE) und die Gruppe Grosser Stromkunden (GGS). Sie führe zu einem «unverhältnismässigen administrativen Aufwand», erhöhe die Kosten für Behörden und Unternehmen und beeinträchtige die Wettbewerbsfähigkeit.
Neue Steuern und Ausnahmen
Die FDP fürchtet ausserdem, dass die Abgabe nicht wie vom Bundesrat versprochen voll an Bevölkerung und Wirtschaft zurückerstattet wird und «zu einer neuen Steuer verkommt». Die Partei will insbesondere keine Abgabe auf Strom und keine auf Benzin und Diesel, weil sie Wettbewerbsnachteile für Schweizer Unternehmen befürchtet.
Ähnlich argumentiert der Schweizerische Gewerbeverband. Das Lenkungssystem benachteilige die KMU, weil es zu einer neuen Steuer für die Unternehmen führe, welche die die Produktionskosten in die Höhe treibe. Der Industriesektor werde durch die geplanten Rückvergütungen auf Basis der Lohnkosten ausserdem gleich doppelt bestraft.
Die GLP hätte die Vorlage des Bundesrates als Gegenvorschlag zu ihrer im März vom Volk verworfenen Initiative «Energie- statt Mehrwertsteuer» begrüsst, wie sie schreibt. Die Details der Vorlage zerpflücken aber auch die Grünliberalen.
Auf dem Gesetzesweg
Die Stellungnahmen der Parteien zeigen dem Bundesrat immerhin einen anderen Weg auf, wie er doch noch Lenkungsabgaben einführen könnte: durch eine Gesetzesänderung. Die SP schreibt, dass dann das Volk via ein Referendum auch darüber abstimmen könnte. Die Grünliberalen betonen, dass so die Reformen auf dem direkten Weg statt via Umweg erreicht werden könnten.
Fundamentalopposition kommt einzig von der SVP. Diese will überhaupt keine Lenkungsabgaben. Ein solcher «Blankocheck für den Bundesrat» würde die Energie stark verteuern und schade damit dem Werkplatz Schweiz und der Bevölkerung, schreibt sie. Sie ist damit auf einer Linie mit dem Schweizerischen Baumeisterverband und dem Hauseigentümerverband, die höhere Kosten für Unternehmen und Hauseigentümer befürchten.