Für die Verhandlungen mit der EU ist der Bundesrat bereit, institutionelle Regelungen auch auf die existierenden Abkommen auszudehnen. Dies gab Bundesrat Didier Burkhalter am Mittwoch bekannt. Die Verhandlungen sollen zu einem institutionellen Abkommen führen.
Um den Zugang von Schweizer Unternehmen auf den EU-Markt zu gewährleisten, gibt es aus Sicht des Bundesrates keine andere Lösung als eine Harmonisierung des relevanten Rechts. Deshalb müssten institutionelle Regeln sich auch auf die heutigen Abkommen erstrecken, sagte Aussenminister Burkhalter vor den Medien.
Der Bundesrat hatte dies bisher nicht tolerieren wollen. Es gehe aber nicht darum, frühere Rechtsentwicklungen der EU zu übernehmen, sagte Burkhalter. Die institutionellen Lösungen sollen sich auch nur auf die wichtigen Abkommen erstrecken, die den Marktzugang betreffen.
Für die Verhandlungen mit der EU soll Burkhalter bis im kommenden August ein Verhandlungsmandat vorschlagen. Dieses werde den Kantonen, dem Parlament und den Sozialpartnern vorgelegt, sagte Burkhalter. Auch die EU soll ein Verhandlungsmandat verabschieden.
Es würden schwierige Verhandlungen werden, sagte Burkhalter. Der Bundesrat habe gewisse «rote Linien» definiert, die nicht verhandelt würden. Burkhalter erwähnte zum Beispiel, dass die Schweiz die Direktive über die Unionsbürgerschaft nicht übernehmen wolle.
Anfrage beim Gerichtshof
In der Bundesratsstrategie nimmt der Europäische Gerichtshof eine wichtige Rolle ein. Die oberste gerichtliche Instanz der EU soll konkret angefragt werden, wenn es zwischen der Schweiz und der EU Differenzen bei der Auslegung gibt. Dies soll dann geschehen, wenn in einem Gemischten Ausschuss, die es heute schon gibt für die bestehenden Abkommen, keine Lösungen gefunden werden.
Der Gerichtshof soll die Schweiz aber nicht verurteilen können. Problematisch sei es allerdings, wenn der Gerichtshof eine andere Meinung als jene der Schweiz vertrete, sagte Burkhalter. In solchen Fällen soll es für die Schweiz möglich bleiben, die Auslegung nicht zu akzeptieren. Es bestehe dann aber das Risiko, dass ein Abkommen suspendiert würde.
Da die EU nur ihren Gerichtshof als Instanz zur Streitbeilegung akzeptiert, habe der Bundesrat auch früher diskutierte Lösungsansätze aufgeben. Dabei ging es unter anderem darum, dass eine unabhängige Behörde oder eine EWR-Instanz über die bilateralen Abkommen wache.
Burkhalter blickte auf die Diskussionen mit der EU in den letzten Jahren zurück. Vor noch nicht langer Zeit seien die Position zwischen der EU und der Schweiz diametral auseinander gelegen, sagte er. Die EU wollte nicht mehr über den bilateralen Weg sprechen. Mittlerweile sei sie dazu wieder bereit, sie fordere aber eine Erneuerung des bilateralen Weges.
Auch aus Schweizer Sicht sei eine Erneuerung notwendig. «Eine Nicht-Erneuerung wäre eine schlechte Alternative: Stillstand ist Rückschritt», sagte Burkhalter. Eine neue Etappe in den Beziehungen stehe auch im Interesse der Schweiz, weil die Prosperität und Stabilität des Landes auch von der EU abhänge.