VW-Aufsichtsrat fordert weitere personelle Konsequenzen

Nach dem Rücktritt von Konzernchef Martin Winterkorn will Volkswagen weitere personelle Konsequenzen aus der Affäre um Abgas-Manipulationen ziehen.

Der Abgas-Skandal bei VW stellt den Konzern auf den Kopf: Der Aufsichtsrat verlangt weitere Konsequenzen. (Bild: sda)

Nach dem Rücktritt von Konzernchef Martin Winterkorn will Volkswagen weitere personelle Konsequenzen aus der Affäre um Abgas-Manipulationen ziehen.

«Es wird in den nächsten Tagen weitere personelle Konsequenzen geben, wir verlangen auch die Konsequenzen», kündigte der niedersächsische Wirtschaftsminister und VW-Aufsichtsrat Olaf Lies am Donnerstag im Bayerischen Rundfunk an.

Der Aufsichtsrat wolle sich am Freitag mit der «gesamten Struktur bei Volkswagen» beschäftigen. Zu möglichen Favoriten für die Nachfolge von Winterkorn äusserte sich Lies nicht.

Das Präsidium und der Aufsichtsrat seien «sehr detailliert» dabei, die Vorgänge aufzuklären, «mit allen Möglichkeiten», betonte Lies. Am Freitag werde ein Sonderausschuss gegründet, der auch mit externer Beratung die Aufklärung des Skandals vorantreiben solle. Derzeit gebe es «deutlich mehr Fragen als Antworten».

Besonders die Frage, wer die Manipulationen zu verantworten hat und warum, beschäftige den VW-Aufsichtsrat. Nach dem Rücktritt Winterkorns will der Aufsichtsrat dem «Handelsblatt» zufolge eine Entscheidung über den geplanten Konzernumbau vertagen.

Sein Nachfolger solle die Möglichkeit haben, auf die künftige Struktur Einfluss zu nehmen, berichtete das «Handelsblatt» unter Berufung auf Konzernkreise. Ursprünglich sollte der 20-köpfige Aufsichtsrat am Freitag über die Neuausrichtung des Unternehmens entscheiden. Die zwölf Marken sollten in vier Markengruppen aufgeteilt werden.

Klageflut

VW steckt in der tiefsten Krise der Unternehmensgeschichte, seit bekannt wurde, dass bei Dieselfahrzeugen die Abgaswerte manipuliert worden waren. Eine entsprechende Software ist weltweit in elf Millionen Autos eingebaut. Am Mittwoch hatte Konzernchef Martin Winterkorn angesichts des enormen Ausmasses der Affäre seinen Posten geräumt.

Zudem kommt auf den Volkswagen-Konzern Medienberichten zufolge wegen der Manipulationen von Abgaswerten bei Dieselautos eine Flut von Sammelklagen in den USA und Kanada zu. Rund 40 solcher Klagen sind dort nach Informationen des NDR und der «Süddeutschen Zeitung» bereits bei Gerichten eingereicht worden.

Kläger sind vor allem private Autokäufer, in einem Fall auch ein Autohändler. Die Käufer sehen sich in Sachen Umweltfreundlichkeit von VW getäuscht.

In den Klageschriften werden dem Konzern dem Bericht zufolge Betrug, Vertragsbruch und weitere Gesetzesverstösse vorgeworfen. VW war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.

Riesenbusse droht

Allein in den USA droht dem Konzern bereits eine Strafe von bis zu 18 Milliarden Dollar durch die US-Umweltbehörde EPA. Auch das US-Justizministerium soll wegen möglicher strafrechtlicher Vergehen ermitteln.

Mehrere US-Bundesstaaten schmieden zudem eine Allianz, die prüft, inwiefern der bereits seit 2009 andauernde Abgas-Schwindel justiziabel sein könnte. Die Zivilklagen, die mehrere Anwaltskanzleien anstrengen, kommen noch hinzu.

Überdies könnte die Affäre bereits früher bekannt geworden sein. VW hat bereits im April Briefe an kalifornische Diesel-Fahrer geschickt. Darin wurden die Besitzer von VW- und Audi-Fahrzeugen dazu aufgefordert, ihre Autos zu den Händlern zu bringen, um eine neue Software zu bekommen. Diese solle die Emissionen optimieren. Der Konzern wollte diesen Brief nicht kommentieren.

An der deutschen Börse blieben die VW-Aktien im Fokus, die mit einem Plus von 4,3 Prozent in den Handel starteten und bis gegen 9.40 Uhr um gut 6 Prozent zulegten. Schon am Vortag hatten die Titel Boden gutgemacht. Doch notieren sie weiter rund 30 Prozent unter dem Niveau der Vorwoche. Händler hofften nach dem Rücktritt von Martin Winterkorn vor allem auf einen kompletten personellen Neuanfang.

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