Die manipulierten Abgastests bei VW-Dieselautos in den USA schrecken die Autobranche auf. Neben einem Imageverlust drohen Volkswagen eine Milliardenbusse, Rückrufkosten sowie Regressansprüche von Kunden und Aktionären.
Das Papier von Europas grösstem Autobauer verlor am Montag teilweise mehr als ein Fünftel und zog auch die Titel anderer Autowerte mit hinab. Innerhalb kürzester Zeit verpufften rund 15 Milliarden Euro an Börsenwert. Bei Handelsschluss war die VW-Aktie 17,1 Prozent weniger wert als am Freitag.
Bei der US-Umweltbehörde EPA läuft eine Untersuchung gegen den Konzern unter anderem wegen des Verstosses gegen das Klimaschutzgesetz «Clean Air Act». Am Wochenende hatte Volkswagen eingeräumt, dass Abgaswerte von Diesel-Autos in den USA für Fahrzeugtests manipuliert worden waren.
Dem Unternehmen aus Wolfsburg drohen daher schlimmstenfalls Strafzahlungen von mehr als 18 Milliarden Dollar und ein nicht abzuschätzender Imageschaden. In den USA hat Volkswagen inzwischen einen Verkaufsstopp für die betroffenen Modelle erlassen.
Deutsche Umweltverbände forderten die Überprüfung sämtlicher Diesel-Modelle neuerer Bauart auf dem Heimatmarkt der Wolfsburger. Ob der Skandal auch die Schweiz betrifft, ist zum jetzigen Zeitpunkt unklar. Entsprechende Untersuchungen seien am Laufen, sagte ein Sprecher des VW-Importeurs Amag der Nachrichtenagentur sda.
Rasche Aufklärung gefordert
Die deutsche Regierung verlangt von den Autoherstellern angesichts des Skandals um VW in den USA «belastbare Informationen», um mögliche Manipulationen bei Abgastests auch in Deutschland prüfen zu können.
«Die gegen VW in den USA erhobenen Vorwürfe wiegen schwer», sagte auch Niedersachsens Ministerpräsident und VW-Kontrolleur Stephan Weil. «Eine Manipulation von Emissionstests ist völlig inakzeptabel und durch nichts zu rechtfertigen», erklärte der SPD-Politiker, der Mitglied im Präsidium des Verwaltungsrates von VW ist.
In die Rufe nach rascher Aufklärung und harten Konsequenzen reihte sich in Deutschland auch der VW-Betriebsratschef ein. Die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden, forderte Bernd Osterloh, der als einer der mächtigsten Männer bei Volkswagen auch Mitglied des Verwaltungsrats ist. «Wir müssen verloren gegangenes Vertrauen bei unseren Kunden zurückgewinnen», betonte er.
Winterkorn gerät unter Druck
Vor allem Konzernchef Martin Winterkorn, dessen schon angekündigte Vertragsverlängerung auf einer Verwaltungsratssitzung am Freitag formal ansteht, sei dabei nun in der Pflicht. Winterkorn hatte am Sonntag eine externe Untersuchung der Vorgänge sowie eine rasche Aufklärung in Zusammenarbeit mit den Behörden versprochen.
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) forderte Winterkorn zum Rücktritt auf und machte sich für eine grosse Überprüfung der Dieselautos in Europa stark. Umweltschutzverbände kritisieren seit langem, dass die Abgaswerte vieler Fahrzeuge nur auf dem Prüfstand eingehalten und in der Praxis deutlich überschritten werden.