Bundesrat Johann Schneider-Ammann hat sich am Donnerstagmorgen in der Region Lausanne in Bild der dortigen Wiedereingliederung von jungen Sozialhilfebezügern gemacht. Der Wirtschaftsminister sieht darin Potenzial die Fachkräfteinitiative des Bundesrats.
Der Bundesrat traf um 8 Uhr in Le Mont-sur-Lausanne ein und ging einen Lehrling eines Metallbauunternehmens besuchen. Darauf erhielt er einen Einblick in die Genossenschaft Démarche, welche in der Stadt Lausanne junge Sozialhilfeempfänger ins Berufsleben zu integrieren versucht.
Das Besondere an der Waadtländer Politik bei der Wiedereingliederung ist der grosse Aufwand, der für die jungen Menschen zwischen 18 und 25 Jahre betrieben wird. Von diesen jungen Sozialhilfebezügern haben über 70 Prozent keine Ausbildung.
Für sie ist der Weg ins Berufsleben praktisch unmöglich, manche haben nicht einmal die Schule beendet. Nicht wenige von ihnen leben mehr in der Nacht als am Tag, andere haben psychische Probleme, wie Stéphane Manco, Leiter von Démarche, am Donnerstag sagte.
Die Genossenschaft um Stéphane Manco muss in ihrem Programm zunächst das Interesse der jungen Erwachsenen wecken. Diese führen unter der Produktion Scenicprod ein Bühnenstück auf. Dafür müssen sie jeden Tag von 9 bis 16 Uhr präsent sein und so lernen, den Alltag zu strukturieren.
Zusammen mit diesen jungen Menschen sucht die Organisation während sechs bis neun Monaten eine Ausbildung oder eine Berufslehre. Für rund 70 Prozent wird eine Ausbildung gefunden, wie das Beispiel des Metallbau-Lehrlings von Le Mont-sur-Lausanne zeigt. Auch in der Lehre steht den jungen Menschen ein Coach zur Seite.
Grosse Investitionen in die jungen Erwachsenen
Dieser grosse Aufwand kostet den Kanton Waadt pro Person für das gesamten Parcours maximal 50’000 Franken, wie Staatsrat Pierre-Yves Maillard (SP) sagte. Diese Kosten würden aber bereits ausgeglichen, wenn die Absolventen anderthalb Jahre berufstätig und während dieser Zeit nicht mehr abhängig von der Sozialhilfe seien.
«Das ist eine Investition in diese jungen Leute», hielt Maillard fest. Bundesrat Schneider-Ammann zeigte sich von der Lösung des Kantons Waadt beeindruckt. Er verfolge eine Politik, die jedem eine Perspektive auf einen Arbeitsplatz ermöglichen soll, sagte der Wirtschaftsminister.
Einheimische Fachkräfte fördern
Heute habe er junge Menschen gesehen, die zu den schwächsten Gliedern der Gesellschaft gehörten. Nach der Annahme der SVP-Zuwanderungsinitiative seien Bund und Kantone in der Ausbildung und der Beschäftigung der einheimischen Fachkräfte gefordert.
Das Waadtländer Programm kann dazu einen Beitrag leisten. Von den 2500 Personen, die seit dem Beginn vor neun Jahren betreut wurden, haben 860 eine Ausbildung abgeschlossen. Eine Studie von 2014 zeigte, dass 80 Prozent dieser Berufsabsolventen aus dem Programm keine Sozialhilfe mehr beziehen.