Die Verhandlungen über weitere Hilfen für Griechenland stehen nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) noch lange nicht vor dem Abschluss. Die internationalen Geldgeber prüfen derzeit die griechischen Reformvorhaben.
Eine Einigung sei «noch ein gutes Stück entfernt», hiess es am Sonntag in einem Brief von IWF-Chefin Christine Lagarde an den griechischen Regierungschef Alexis Tsipras. Sie habe wiederholt klargemacht, dass der Fonds nur ein Hilfsprogramm unterstützen könne, das glaubwürdig sei, auf realistischen Annahmen beruhe und Griechenland auf einen Pfad mit robustem Wachstum zurückbringe.
Derzeit überprüfen die internationalen Geldgeber die griechischen Reformvorhaben, die Voraussetzung für weitere Mittel aus dem 86 Milliarden Euro schweren Rettungspaket sind. Von einem positiven Befund hängt ab, ob die Gelder tatsächlich nach Athen fliessen. Danach soll über Schuldenerleichterungen entschieden werden, von denen der IWF seine Beteiligung am Hilfsprogramm abhängig macht.
Spekulationen über Drohungen «absurd»
Lagarde nimmt im Brief auch Stellung zu Berichten, wonach der IWF überlege, wie er Griechenland in die Knie zwingen könne. Solche Spekulationen seien «einfach absurd», schrieb sie. Der IWF führe keine Verhandlungen mit «Drohungen», sondern «in Treu und Glauben».
Die Enthüllungsplattform WikiLeaks hatte am Samstag eine angebliche Mitschrift eines Telefongesprächs zwischen IWF-Europachef Poul Thomsen und der Griechenland-Beauftragten Delia Velculescu ins Netz gestellt, in dem sie darüber beraten, wie Athen zu härteren Reformen gezwungen werden könne.
Thomsen beklagt demnach, Athen habe sich bislang nur bei akuter Pleitegefahr im vergangenen Juli auf Sparvorgaben eingelassen: «In der Vergangenheit gab es nur ein Mal, bei dem die Entscheidung gemacht wurde; das war, als ihnen ernsthaft das Geld ausging und sie vor dem Zahlungsausfall standen.»
Velculescu erwidert der mutmasslichen Mitschrift zufolge: «Ich stimme überein, dass wir ein Ereignis (event) brauchen.» Welches Szenario den beiden vorschwebte, blieb offen.
Die Regierung in Athen hatte am Samstag mit einem Dringlichkeitstreffen auf die Wikileaks-Veröffentlichung reagiert. Anschliessend erklärte eine Regierungssprecherin, Athen fordere Erklärungen vom IWF, ob es seine offizielle Position sei, «Pleite-Bedingungen in Griechenland zu schaffen».