Die Glarner Landsgemeinde hat am Sonntag elf Sachgeschäfte in rekordverdächtigen drei Stunden behandelt. Zu längerer Diskussion führte lediglich das Reglement über das Befahren von Waldstrassen.
Die Landsgemeinde widersetzte sich Regierung und Parlament und lockerte das geltende Fahrverbot. Die drei Glarner Grossgemeinden können neu selber Ausnahmen vom generellen Fahrverbot für Motorfahrzeuge auf Waldstrassen benennen.
Das beschlossen die stimmberechtigten Glarnerinnen und Glarner auf dem Zaunplatz mitten in Glarus nach einem knappen Dutzend Voten. Regierung und Parlament hatten die Kompetenz beim Kanton belassen wollen.
«Wenn Gemeinden die Ausnahmen bestimmen dürfen, werden die Waldstrassen für den Individualverkehr aufgemacht», hatte ein verwaltungsnaher Redner vergeblich die mehreren Tausend Stimmberechtigten im Ring gewarnt. Doch diesen war offenbar eine flexiblere, auf die Gemeinden massgeschneiderte Benutzung der Waldstrassen wichtiger, als ein eher restriktiver Schutz der Waldruhe.
Das Geschäft war das einzige, das die Landsgemeinde gegen den Antrag von Regierung und Parlament entschied. Alle anderen Vorlagen wurden speditiv im Sinne der Politik durchgewunken. Das Tempo reflektierte das Gewicht der Traktanden. Themen mit Strahlkraft über die Kantonsgrenzen hinaus fehlten.
Kantonalbank: Mehr Kompetenzen für Regierung
Zu den wichtigeren Entscheiden gehörte eine Änderung des Gesetzes über die Kantonalbank (GLKB). Die Landsgemeinde erteilte der Kantonsregierung die Kompetenz, eigenmächtig über Veränderungen des Aktienkapitals der GLKB zu befinden.
Eine Zustimmung des Parlaments ist nicht mehr nötig. Die Regierung vertritt jeweils den Kanton als Mehrheitsaktionär der Bank. Der Entscheid der Landsgemeinde gilt als Vertrauensvotum zur Finanzkompetenz der Regierung und entpolitisiert die Kantonalbank weiter.
Im weiteren lehnten die Glarnerinnen und Glarner die Abschaffung der Ausnützungsziffer bei Bauten ab und genehmigten eine Bewilligungspflicht für Fussball- und Eishockeyspiele sowie ein kleines Sparpaket von einer halben Million Franken.
Wichtige «Vertrautheit der Rituale»
Eröffnet worden war die 628. Landsgemeinde von Landammann Robert Marti. Er betonte, wie wichtig die «Vertrautheit der Rituale» an der Landsgemeinde sei. Die jährliche Versammlung sei gelebte Kultur und stehe bei den Glarner auch für ihre Herkunft.
Die Glarnerinnen und Glarner gaben ihrem Landammann recht und strömten trotz andauerndem Nieselregen und leichtgewichtiger Traktandenliste zu Tausenden auf den Landsgemeindeplatz im Herzen des Hauptortes. Der für die Landsgemeinde aufgebaute «Ring» – eine flache Holzarena für die Stimmberechtigten – war beim Einzug der Behörden zwar nur spärlich besetzt, füllte sich aber zusehends.
Die Versammlung unter freiem Himmel stösst auch ausserhalb des Glarnerlandes als Ausdruck für die gelebte direkte Demokratie auf grosses Interesse. Dieses Jahr beobachtete Bundesrat Alain Berset auf Einladung der Glarner Regierung das Geschehen im Ring aus nächster Nähe. Unter den Gästen weilte zudem die Regierung des Kantons Appenzell Innerrhoden, dem zweiten noch verbliebenen Landsgemeinde-Kanton.