Der Kanton Wallis hat am Dienstag erneut eine Abschussbewilligung für einen Wolf erteilt. Diesmal trifft es ein Tier im Oberwallis in der Augstbord-Region, wo drei Wölfe nachgewiesen wurden. WWF Schweiz und Pro Natura prüfen eine Beschwerde.
Staatsrat Jacques Melly ordnete am Dienstag den Abschuss von einem der Wölfe an, die zwischen dem 25. Juni und dem 25. August im Turtmanntal und der Augstbord-Region 44 Schafe gerissen hatten, wie die Walliser Staatskanzlei mitteilte. Die Abschussbewilligung gilt für 60 Tage und solange es auf den betroffenen Alpen noch Schafe hat.
Gemäss den Bestimmungen der eidgenössischen Jagdgesetzgebung darf ein Wolf abgeschossen werden, wenn dieser in seinem Streifgebiet mindestens 15 Schafe getötet hat, nachdem im Vorjahr bereits Schäden zu verzeichnen waren. Die Schäden dürfen nur berücksichtigt werden, wenn zumutbare Schutzmassnahmen ergriffen wurden.
Das Wallis kam zum Schluss, dass die Alpbetreiber von Törbel-Bürchen und Oberems-Turtmanntal die betrieblich zumutbaren Massnahmen umgesetzt haben, so zum Beispiel das Zusammenlegen der Alpen, die ständige Behirtung, Umzäunungen und Nachtpferchen. Im Oberems-Turtmanntal wurden zudem auch Schutzhunde eingesetzt.
Staatsrat Melly erachtete die gesetzlichen Bestimmungen für die Abschussbewilligung deshalb als erfüllt. Resultate von DNA-Analysen bestätigen die Präsenz von insgesamt drei verschiedenen Wölfen im betreffenden Gebiet, wie die Walliser Staatskanzlei am Dienstagabend ergänzend mitteilte.
Abschussbewilligung nicht gegen bestimmtes Tier
Die Analysen wiesen die aus dem Vorjahr bekannte Wölfin F14, den ebenfalls bekannten Wolf M46 sowie ein neues Tier als Urheber der Schafsrisse nach. Dem neuen Wolf wurde die Bezeichnung M59 zugeteilt.
Die Abschussbewilligung gelte nicht für einen bestimmten Wolf, sondern für ein bestimmtes Schadensgebiet, sagte Peter Scheibler, Chef der Walliser Dienststelle für Jagd, Fischerei und Wildtiere, am Dienstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Es könne damit einen der nachgewiesenen Wölfe oder aber auch ein anderes Tier treffen.
Die aktuelle Abschussbewilligung ist bereits die zweite Bewilligung für den Abschuss eines Wolfes innerhalb von zwei Wochen. Auf der Abschussliste steht auch ein Tier, dass im Val d’Anniviers innert zwei Monaten 38 Schafe gerissen hatte. Im Juni bewilligten zudem die Urner Behörden den Abschuss eines Wolfes.
Aufschiebende Wirkung verlangt
Der WWF Schweiz und Pro Natura hinterfragen in einer gemeinsamen Mitteilung vom Dienstag die Rechtmässigkeit der Abschussbewilligung und prüfen eine Beschwerde. In der Zwischenzeit verlangen sie aufschiebende Wirkung des Entscheids, «damit die Unterlagen der Abschussverfügung geprüft werden können, bevor der Wolf tot ist».
Die Möglichkeit, dass sich in der Augstbordregion das zweite Wolfsrudel der Schweiz gebildet habe, sei hoch. Damit sei nicht der Kanton Wallis, sondern das Bundesamt für Umwelt (BAFU) für das Erteilen einer Abschussbewilligung zuständig, schreiben die Umweltschutzorganisationen.
Keine Anzeichen für Jungwölfe
«Es genügt einfach nicht, einen Wolf nach dem anderen abzuschiessen und damit immer wieder eine Rudelbildung zu verhindern», wurde Gabor von Bethlenfalvy vom WWF Schweiz, in der Mitteilung zitiert. Das Wallis hat zurzeit allerdings keine Anzeichen für eine Rudelbildung.