Mit Spannung wird in Turin das Urteil im bislang grössten Asbest-Prozess Europas erwartet. Angeklagt sind der Schweizer Industrielle Stefan Schmidheiny und der belgische Baron Jean-Louis de Cartier de Marchienne.
Die italienische Staatsanwaltschaft fordert 20 Jahre Haft für beide Unternehmer sowie Schadenersatz in Millionenhöhe. Die Verteidigung verlangt einen Freispruch.
Die beiden ehemaligen Mitbesitzer der Eternit S.p.A. (Genua) sind der vorsätzlichen Tötung in rund 3000 Krankheits- und Todesfällen und der Verursachung einer Umwelt-Katastrophe angeklagt. Der Prozess begann am 10. Dezember 2009 vor dem Strafgericht in Turin.
Dabei geht es um die Frage, wer für Sicherheitsmängel in vier italienischen Eternit-Werken verantwortlich war in einem Zeitraum zwischen 1966 bis zum Konkurs der italienischen Holding 1986. Es geht um vier Werke: In Casale Monferato und Cavagnolo (beide im Piemont), Bagnoli in Kampanien und Rubiera in Reggio Emilia.
Es handelt sich um den ersten Asbest-Strafprozess und um den ersten Prozess, bei dem die Angeklagten nicht Filialleiter sondern die höchsten Firmen-Chefs sind. Am Prozess nehmen auch über 6000 Zivilparteien teil. Die Asbest-Opfer hoffen auf Entschädigung und darauf, dass mit dem Prozess ein Präzedenzfall geschaffen wird.
Für die Urteilsverkündung in Turin werden rund 160 Delegationen aus Italien und dem Ausland erwartet. Um für den Ansturm gerüstet zu sein, wird das Justizministerium seinen grossen Saal mit 700 und zwei weitere mit je 250 Plätzen öffnen. Daneben hat die Provinz Turin angekündigt, einen Saal mit 300 Plätzen zur Verfügung zu stellen.