Warum die FCB-Talente länger in Basel bleiben

In den vergangenen Jahren hat die Nachwuchsphilosophie beim FC Basel verschiedene Evolutionsstufen durchlaufen. Zum Wohl der Spieler und des Clubs. Ein paar Tage hat das neue Jahr gebraucht, um ernsthaft vorwärts zu machen. Hildebrand hier, Hildebrand dort, Cash links und Kashya rechts – Blocher sowieso allüberall. Ist ja alles recht und gut. Aber jetzt ist […]

In den vergangenen Jahren hat die Nachwuchsphilosophie beim FC Basel verschiedene Evolutionsstufen durchlaufen. Zum Wohl der Spieler und des Clubs.

Ein paar Tage hat das neue Jahr gebraucht, um ernsthaft vorwärts zu machen. Hildebrand hier, Hildebrand dort, Cash links und Kashya rechts – Blocher sowieso allüberall. Ist ja alles recht und gut. Aber jetzt ist die Zeit gekommen, um über die wirklich entscheidenden Dinge zu sprechen: Transfergerüchte. Und die haben endlich auch den FC Basel erreicht.

In einer richtiggehenden Rally, wie es Hildebrand und Kollegen vom Cash&Carry wohl nennen würden, hat Granit Xhaka (19) den langsam in die Jahre kommenden Xherdan Shaqiri (20) als heisseste Basler Aktie überholt. Hamburger SV, Manchester United, die AC Milan und die immer gerne als potenzieller Abnehmer vermuteten Bayern aus München werden genannt. Das ist schön für Spieler (Stichwort: Marktwert), Club (Stichwort: Marktwert), Zeitungen (Stichwort: Kioskverkauf) und Onlinemedien (Stichwort: Klicks).

Aber darum geht es hier gar nicht. Sondern um eine meiner Meinung nach erstaunlichen Entwicklung, die der FC Basel in den letzten knapp sieben Jahren im Umgang mit Spielern aus dem eigenen Nachwuchs durchlaufen hat: Drei Stufen im Umgang mit Talenten.

Das Talent, die günstige Arbeitskraft

Bis 2005 wurden die jungen Profis in Basel gerne auch mal als günstige Arbeitskraft behandelt. Wer sich von der U21 in die erste Mannschaft spielte, konnte deswegen noch lange nicht vor Ablauf seines Vertrags damit rechnen, dass seine Bezüge seiner Leistung angepasst werden. So weit ich mich entsinne, stand damals das Monatsgehalt für Spieler, die ihren ersten Profivertrag erhielten, bei rund 7000 Franken. Nicht schlecht für einen Berufsanfänger. Im Vergleich zu den bestandenen Profis im Kader aber fast nichts.

Weil vorzeitigen Vertragsverlängerungen mit Nachwuchsspielern auch nicht en vogue waren, kam es 2005 zum Sündenfall, der alles ändern sollte. Philipp Degen nutzte die Passivität des FCB-Vorstands zu seinen Gunsten und verabschiedete sich ablösefrei zu Borussia Dortmund. Immerhin blieben ein paar hunderttausend Franken Ausbildungsentschädigung hängen, und Degens Jugendclub FC Oberdorf partizipierte sogar noch über einen Solidarbeitrag. Die Basler Sparpolitik aber hatte den Club um eine ansehnlichere Transfersumme gebracht.

Leistung zahlt sich aus

Das war die erste Stufe, von der sich der FCB schnell auf zur zweiten machte. Ein Talent zu fördern, um es danach für null Franken Ablöse plus Ausbildungsentschädigung weiterzureichen? Das war nicht im Sinn der Basler. Also entschied sich der Club, künftig Geld zu investieren, um später dafür den Gewinn einzustreichen.

Seither gilt beim FCB: Leistung zahlt sich aus. Wer sich aus dem Nachwuchs in die erste Mannschaft spielt und danach zum Stammspieler wird, der erhält einen neuen Vertrag mit mehr Lohn. Damit kann der Club den jungen Spielern seine Wertschätzung in der Sprache beweisen, die im Profifussball noch immer am besten verstanden wird: Geld.

Mehr als die Taube auf dem Dach

Im Gegenzug wird mit der Erhöhung der Bezüge auch die Laufdauer des Vertrags verlängert. Eine klassische Win-Win-Situation: Der Spieler erhält jeden Monat weitaus mehr als den Spatz in der Hand auf sein Konto überwiesen. Und der FCB besitzt mehr als die Taube auf dem Dach. Weil eine lange Vertragsdauer auch immer eine höhere Ablösesumme bedeutet, sollte dereinst ein ausländischer Club anklopfen.

Das war Stufe Nummer 2, in der sich der Strategiewechsel im wahrsten Sinn des Wortes auszahlte. 2007 wechselte Ivan Rakitic für 6,7 Millionen Franken zu Schalke 04, Zdravko Kuzmanovic für rund 4 Millionen zur Fiorentina. Auffällig bei beiden allerdings: Kaum waren sie ein halbes Jahr Stammspieler beim FCB, da verabschiedeten sie sich auch schon ins Ausland.

Stufe drei wurde auch dank Valentin Stocker erklommen. Der Krienser ist vielleicht ein Spezialfall, weil immer etwas reflektierter wirkend als andere junge Fussballer und darum schon von seiner Persönlichkeit her nicht auf den schnellen Transfer aus. Für den FCB wurde er zum lebenden Beweis, dass Basel einem jüngeren Spieler durchaus längerfristige Perspektiven bietet.

Der Trainer, dein Freund und Helfer

Dafür, dass ein europaweit umworbenes Talent wie Xherdan Shaqiri aller Transfergerüchte zum Trotz nun doch die dritte Saison beim FCB spielt, ist jedoch etwas anderes ausschlaggebend. Wichtig sind die stetig aufgebesserten Verträge, wichtig sind auch regelmässige internationale Auftritte. Aber entscheidend ist, dass der Trainer ohne Vorbehalte auf die jungen Spieler setzt.

Und da war der Wechsel von Christian Gross zu Thorsten Fink entscheidend. Fink setzte die Jungen nicht nur ein, wie dies teilweise schon Gross tat. Er vermittelte ihnen auch das Gefühl, wirklich wertvoll für die Mannschaft zu sein.

Und Fink liess die Jungen auch tatsächlich auf ihrer angestammten Position spielen. Rakitic, ein klassischer Zentrumsspieler, wurde von Gross stets auf dem Flügel eingesetzt. Kuzmanovic, der grosse Stärken in der Mitte hat, musste auf den Flügel. Caicedo, er ein Stürmer, spielte wenn, dann auf dem Flügel. Heute dagegen spielt ein Granit Xhaka ganz selbstverständlich dort, wo das Spiel am Anspruchsvollsten ist: im Zentrum.

Eine Frage des Gefühls

Heute bietet der FCB einem Talent persönliche Perspektiven, Wertschätzung, einen respektablen Lohn und sportliche Herausforderung auf internationalem Parkett. Natürlich ist trotzdem nicht zu verhindern, dass Spieler irgendwann gehen, wenn ein grosser Club – oder wie im Fall von Samuel Inkoom – das grosse Geld ruft.

Wichtig ist aber, dass die jungen Spieler nicht mehr das Gefühl haben, gleich das erste Auslandsangebot annehmen zu müssen. Im Gegenteil: Wer heute ein Talent vom FC Basel weglocken will, muss schon verdammt gute Argumente vorlegen. Mehr kann ein Schweizer Verein kaum erreichen.

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