Was Reiseführer Basel-Besuchern so alles antun

Der treue Begleiter auf einer Städtereise wäre an sich ein gut sortierter Reiseführer. Ist es aber oft nicht. Wir haben vier Exemplare unter die Lupe genommen, die sich der Stadt Basel widmen.

Reiseführer für Basel: Taugen die was?

(Bild: Nils Fisch)

Der treue Begleiter auf einer Städtereise wäre an sich ein gut sortierter Reiseführer. Ist es aber oft nicht. Wir haben vier Exemplare unter die Lupe genommen, die sich der Stadt Basel widmen.

Jeder kennt das Gefühl, nicht ranzukommen an die Seele einer Stadt. Städte-Trip übers Wochenende gebucht, Reiseführer gekauft, mit hoher Wahrscheinlichkeit einer der Gattung «Lonely Planet», weil die irgendwann, es muss lange her sein, einen frischen Blick auf die Welt ermöglichten.

Den Guide also gut versteckt in der Tasche auf dem Rundgang, weil man ja nicht auf den ersten Blick als Touri-Depp erkennbar sein will. Man setzt sich ins Lokal, wo sich «die Jugend trifft», wo angeblich Locals abfeiern, wo es schillern soll und vibrieren – und stellt trotz Drink ernüchtert fest, dass das Pärchen links diskret denselben Guide zückt, um nochmals nachzulesen, ob man sich tatsächlich in der versprochenen In-Location befindet.  

Im Strom hängengeblieben

Ein Städtetrip unter Anleitung eines Guidebooks führt einen fast immer auf ausgetretene Pfade, mitten rein in die Langeweile. Weil alle das Spezielle suchen, aber das Spezielle sein Wesen verliert, wenn es zum Allgemeingut wird. Und während die Locals – auch das ein physikalischen Grundsätzen gehorchendes Gesetz – ausweichen, neue Orte erschliessen, bleibt man im Strom der Suchenden hängen.

Wir wollten wissen, ob dieses Phänomen auch Besucher trifft, die durch Basel geführt werden und haben vier Reiseführer unter die Lupe genommen.

Die beste Nachricht vorne weg: Das «Basel Tattoo» wird nur in einem der vier erworbenen Stadtführern empfohlen – in jenem von Basel Tourismus.

«Lonely Planet» Switzerland (8. Auflage, Mai 2015)

«Lonely Planet» Switzerland (8. Auflage, Mai 2015)

«Lonely Planet» Switzerland (8. Auflage, Mai 2015) (Bild: Nils Fisch)

Das Kapitel über Basel beginnt mit einer Beleidigung. Basel und der Kanton Aargau werden vom «Lonely Planet» zusammengefasst als eine Reiseregion behandelt. Auf diese Idee würde nicht einmal ein Aargauer kommen.

Ähnlich unmotiviert fahren die Autoren des Reiseführers weiter. Empfohlen werden als Reisezeit nebst des Sommers die Fasnacht – und der «Christmas market», der in Basel «Christkindlmarkt» heisse. Nun, unter diesen Umständen vielleicht doch lieber in den Aargau.

Die Höhepunkte der Autoren sind mit einem Sternchen gekennzeichnet:

  • Das Tinguely-Museum: Nicht besonders originell, aber als Tipp völlig okay, spannendstes Museum der Stadt.
  • Das Atelier, die Beiz vom «Teufelhof» und das «Acqua» sind die beiden schwerstempfohlenen Restaurants im «Lonely Planet». Während es keinen Zweifel gibt, dass es sich im «Teufelhof» fein speisen lässt, gibt es keinen vernünftigen Grund das «Acqua» als Topadresse zu bewerben, Schickimicki-Protz, der einen regelrecht anschreit: Ich bin exklusiv, ich bin stylisch, mich kann sich nicht jeder leisten!
  • Als einziger Ausgangstipp firmiert das in so mancher Beziehung fragwürdige «Chill am Rhy». Wer am Rhy wirklich chillen will, wechselt das Ufer. Die Zeiten der «Lounges» im Nachtleben sind seit dem Jahr 2002 vorbei, der Terminus «Chillen» auch. 

Der Rest zu Basel im «Lonely Planet» ist Standardprogramm, obwohl auf dem Umschlag der Hinweis prangt «Local secrets». Alles in allem: Genau das richtige für den «Ganz Europa in 10 Tagen»-Touristen.

«Ein perfektes Wochenende in…Basel» (Süddeutsche Zeitung, 1. Auflage 2013)

«Ungewöhnliche Adressen» werden vom Reisebüchlein der Superzeitung «Süddeutsche» versprochen. Die «Lieblingsadressen» der Autorin umfassen das scheinbar unvermeidliche «Acqua», das auch dafür gelobt wird, dass man «von dort aus in die legendären Beachcafés weiterziehen kann». Beachcafés? Muss eine Verwechslung sein. Womöglich mit dem Aargau.

Jedermanns Liebling ist die angepriesene «Bodega zum Strauss» am Barfi. Ja, dorthin würde man auswärtige Freunde schicken. Eher weniger in die auch beworbene «Hasenburg», es sei denn, man bringt einen unbehandelten Fetisch für buttrige Rösti mit. Das «eoipso» gibt es leider nicht mehr, die prätentiöse «Kunsthalle» ist aufgrund einiger oft auftretender Begleiterscheinungen, namentlich anderer Gäste, eigentlich ebenfalls keine gangbare Lösung. 

Das Essen im «Volkshaus» ist zwar tadellos, dem Lokal fehlt es aber an Seele, an Atmosphäre, was witzigerweise im selben Grund wurzelt, wie der Umstand, dass es von vielen Reiseschreibern empfohlen wird: Es wurde von Herzog & de Meuron gestaltet. 

Alles in allem: Wer kein Risiko eingehen will, mehr Wert aufs Essen legt als auf lange Nächte, ist mit dem SZ-Reiseführer ordentlich bedient.

Wallpaper City Guide Basel (3. Auflage Oktober 2015)

Wallpaper* City Guide: Basel (1. Auflage Oktober 2015)

Wallpaper* City Guide: Basel (1. Auflage Oktober 2015) (Bild: Nils Fisch)

Das Versprechen, das der Guide macht, passt gut zum Selbstverständnis der Designpostille: Die beste Architektur, die besten Hotels, Restaurants, Bars, et cetera. Der Leser werde den von Wallpaper geleiteten Trip nach Basel mit dem Gefühl beschliessen, alles gesehen haben, das man gesehen haben muss.

Grosse Worte, hinter denen eine schnell durchschaubare Masche steckt. Gefeiert wird im «Wallpaper» Basel, woran irgendwelche Kreative, also zum Beispiel Herzog & de Meuron mitgewirkt haben. Weil 08/15-Architekturtourismus ähnlich eindimensional ist wie der Konsum von Pornografie, haben wir den Guide nach Orten gescannt, an denen etwas passiert.

Wobei fairerweise zu sagen ist: Wer auf den ganzen Architektur- und Designkram steht, wird mit dem «Wallpaper» selbst als Basler glücklich.

Hyperventilieren zum Warteck

Der Reiseführer schickt uns in seinem Kapitel «24 Stunden» als erstes in die Confiserie Bachmann beim Bahnhof. Die Confiserie hat sich eine gewisse Klassik bewahrt. Dann Tinguely, gut, hatten wir schon. Beyeler, geschenkt. Um 18 Uhr sollen wir schliesslich in den «Werkraum Warteck», der die Reiseführer-Autoren hyperventilieren lässt: Künstler, Kreativ-Inkubation, Architekten, Beiz, Bar, Club. 

Aufgrund der Plaketten mit den eingemieteten Parteien könnte man das Warteck-Areal tatsächlich für einen fantastischen, hochdynamischen Ort halten. Leider ist das Projekt in den letzten Jahren ziemlich verkrustet. Es gibt von allem Besseres in der Stadt: Clubs, Bars, Beizen. 

Endlich coole Tipps

Nach dem Essen sollen wir uns im «Volkshaus» einfinden. Waren wir leider schon. Dann ist auch schon Schluss mit den 24 Stunden in Basel. Was eine verpasste Chance ist, denn in der kleinen Rubrik «Insiders‘ Guide» finden sich wahrhaft nette, touristisch noch unerschlossene Adressen: das Naturbad in Riehen (Ja!) «Marina Bar» an der Uferstrasse (Jaa!), der «Rostige Anker», auch im Hafen (Juhu!) und die «Kaschemme» zur ungezügelten Tanzsause (Immer!). 

Alles in allem: «Wallpaper Basel» setzt dort an, wo andere Guides aufhören. Das Historische wird weitgehend ausgeblendet, dafür Szeniges ausgeleuchtet. Gar nicht mal so schlecht.

Guide von «Basel Tourismus»*

Basel: The Guide To The City For Visitors And Residents. Von Basel Tourismus.

Basel: The Guide To The City For Visitors And Residents. Von Basel Tourismus. (Bild: Nils Fisch)

Soll sich an Einwohner und Touristen richten. Erklärt auch den Bürgerrat. Bejubelt das für viele Basler belastende Ereignis des «Basel Tattoo». Seltsam uninspirierte Beizenauswahl, vom Manor-Restaurant bis zum Steakhouse im Stücki, aber auch einige wichtige Hinweise auf die tolle Suppenbar «so’up» oder das wunderbar abgeranzte «Baragraph»

Alles in allem: Der Reiseführer muss entrümpelt und von eigenen Interessen entflechtet werden. Klar, Basel Tourismus will die Leute zu all seinen subventionierten Betrieben schicken. Aber ganz ehrlich, Basel Tourismus: Könnt ihr die Baselreisenden guten Gewissens raus ins Kutschenmuseum lotsen?

*Wie sich herausstellt, macht letztgenannter Guide bloss einen auf offiziell. Der Reiseführer stammt vom Spalentorverlag, klärt Daniel Egloff von Basel Tourismus auf. Er werde seit mindestens fünf Jahren nicht mehr von Basel Tourismus aufgelegt und verkauft , so Egloff. Das Recht, das offizielle Logo zu verwenden, habe man dem Spalentorverlag vor sieben Jahren entzogen. Zum Schriftzug Basel+ auf dem Cover meint Egloff: «Die Vergabe der Dachmarke hat der Verlag wohl seitens Kanton erhalten.»

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Mit der Juli-Serie «Besuch in Basel» macht die TagesWoche die Stadt als Magnet für Gäste aus der Schweiz und aus aller Welt zum Thema. Der Schweizer Tourismus steckt in der Krise, in Basel hingegen nimmt die Zahl der Übernachtungen von Jahr zu Jahr zu. Wir nehmen in loser Folge den einen oder andern Augenschein, was Basel den Besuchern bietet – mal ernst, mal mit einem Augenzwinkern. #BesuchInBasel

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