Was von der Liga übrig bleibt

Weniger Mannschaften als auch schon starten in die zweite, letzte und gerne auch entscheidende Phase der Schweizer Super League. Bis zum Saisonstart bringen wir Ihnen hier in einer willkürlichen Auswahl näher, was von der Liga übrig bleibt. Weniger Mannschaften als auch schon starten in die zweite, letzte und gerne auch entscheidende Phase der Schweizer Super […]

Weniger Mannschaften als auch schon starten in die zweite, letzte und gerne auch entscheidende Phase der Schweizer Super League. Bis zum Saisonstart bringen wir Ihnen hier in einer willkürlichen Auswahl näher, was von der Liga übrig bleibt.

Weniger Mannschaften als auch schon starten in die zweite, letzte und gerne auch entscheidende Phase der Schweizer Super League. Bis zum Saisonstart bringen wir Ihnen hier in einer willkürlichen Auswahl näher, was von der Liga übrig bleibt.

Ob es wohl ein gutes Zeichen ist, wenn vor dem Start der zweiten Phase einer Fussballmeisterschaft ein Email verschickt werden muss, in dem die Veranstalter erklären, wie die Tabelle aussehen sollte? So geschehen am 31. Januar 2012 in der Schweiz, wo die Swiss Football League schreibt: «Im Sinne einer Harmonisierung der Rangliste der Axpo Super League der laufenden Saison möchten wir Sie an dieser Stelle bitten, in Ihren Print- und Online-Tabellen Neuchâtel Xamax nach dem Lizenzentzug/Konkurs auf Rang 10 zu setzen (ev. kursiv oder andersweitig gekennzeichnet) und in der Wertung zu belassen, da die Resultate der Neuenburger aus der 1. Phase für die gesamte Spielzeit gültig bleiben.»

Und weil Neuchâtel so eben doch noch ein Teil der Liga bleibt, wollen wir auch hier unseren kleinen Rundgang vor dem Kaltstart der Liga in die zweite Saisonhälfte beginnen.

Neuchâtel Xamax: Traurig, traurig

Wie ein Mahnmal also wird uns Xamax wenigstens noch in der Tabelle bis Ende Saison begleiten. Ganz unten, kursiv oder anders*wer+tig† gekennzeichnet. Ein trauriger Anblick. Aber bevor wir hier alle das Taschentuch zücken, besinnen wir uns lieber darauf, was ein führender Querdenker bereits 1972 wusste: «Es wird schon weitergehn!» Und damals war Costa Cordalis noch nicht einmal Dschungelkönig.

Tatsächlich geht es mit Neuchâtel Xamax weiter. Und wie! Bereits am 14. September wird das 100-jährige Bestehen des Clubs vom historischen Seminar der Universität Neuenburg mit einer Ausstellung begangen. Gezeigt werden vor allem Preziosen aus dem privaten Fundus des Ehrenpräsidenten Gilbert Facchinetti. Ob die fesche Xamax-Mütze von Totengräber Bulat Tschagajew ebenfalls als Exponat zu sehen ist, soll laut eher uninformierten Kreisen noch nicht feststehen.

Ganz sicher in Erinnerung bleibt das warmherzige Auftreten des Vorzeige-Tschetschenen. Im Bild unten festgehalten anlässlich des wohl für lange Zeit letzten offiziellen Profi-Spiels von Xamax im Dezember 2011 gegen den FCB. Inzwischen darbt Tschagajew in Untersuchungshaft bei Wasser und Brot, was sein Anwalt als «Hungerstreik» verkauft, sich angesicht der Korpulenz des Blenders aber wahrscheinlich viel später einmal als Wellness- und Diät-Trick herausstellen wird.

 

 

Transfer-Tendenz der Liga: Steigend

Und so werden also elf Xamax-Spieler von der Swiss Football League als «Abgänge» geführt, eine Zahl, die natürlich noch unpräzis ist bei einem Kader, das sich gerade in Luft aufgelöst hat. Wie auch immer: 73 Mutationen sind in der Transferübersicht dieses Winters (mit Stand 1. Februar) festgehalten. Das ist wieder ein deutlicher Anstieg von Zu- und Abgängen, die im langjährigen Vergleich im letzten Winter den Tiefststand von 58 erreicht hatten.

In den Jahren zuvor war ein steter Rückgang an Transfertätigkeiten der zehn Super-League-Vereine in der sogenannten Transferperiode II zu beobachten gewesen. 2009/10 waren es 72 Spieler die kamen und gingen, 2008/09 deren 78, 2007/08 waren es 87 und 2006/07 sogar 90 Zu- und Abgänge im Winter. Noch ist nicht aller Tage Abend, denn in der Schweiz ist das berühmte Transferfenster bis Mitte Februar offen.

FC Sion: Zur Abwechslung mal vor Gericht

Die grösste Fluktuation verzeichnete der FC Sion, am Sonntag erster Gast des Jahres beim FC Basel (16.00 Uhr, St.-Jakob-Park), der mit Ausnahme des Vorjahres traditionell zu den Vereinen gehört, die am ungeniertesten Personal heuern und feuern. Von den rund sieben Millionen Franken, die Christian Constantin für den Wechsel von Giovanni Sio vom VfL Wolfsburg gelöst haben soll, hat der Präsident ordentlich reinvestiert. Zugegriffen wurde in den Konkursmassen in Zürich (sportlich) und Neuenburg (wirtschaftlich). Xavier Margairaz vom FCZ ist zweifellos der namhafteste Neue, und der Brasilianer Danilo, zuletzt Honved Budapest, war auch beim VfB Stuttgart ein Kandidat. Im ersten Testspiel gab die neue Nummer 9 (22 Tore in 44 Spielen für Honved) schon mal eine Probe seines (Offensiv-)Könnens.

Gleich drei Spieler kommen aus Neuenburg. Den gebeutelten Fans vom See haben die Walliser, nicht blöd, umgehend anerboten, dass sie ihre Jahreskarte für die Maladière gegen eine für die Restsaison im Tourbillon eintauschen zu dürfen.

Bei so viel Grossherzigkeit vergisst man beinahe, dass Nervensäge Constantin die Liga und den Verband weiter in Atem hält. Der 36-Punkte-Abzug ist längst nicht in Stein gemeisselt. Vor dem Regionalgericht Bern-Mittelland ist Sion zwar in einem ersten Anlauf abgeblitzt. Doch der nächste Schritt ist eingeleitet, eine provisorische Massnahme beantragt, und der Schweizer Fussballverband SFV hat seine Antwort bereits fristgerecht eingereicht.

Und damit es einem im juristischen Dossier FC Sion gegen den Rest der Welt nicht langweilig wird: Gestern hat der Internationale Sportgerichtshof TAS in Lausanne seine Begründung dafür abgeliefert, warum er es in Ordnung findet, dass die Uefa den FC Sion nicht in die Europa League reintegriert hat. Zusammengefasst: Wer wie Christian Constantin bei der Anmeldung des Clubs zum Wettbewerb unterschreibt, dass er sich den Regeln des Verbandes unterwirft, der hat sich gefälligst auch daran zu halten. Wer sich das in voller Länge und auf Englisch reinziehen möchte – bitteschön. Ab Seite 61 reicht fürs Erste auch schon.

 

Und Constantin? Ist gestern in seinem silbernen Ferrari ein paar Meter weiter in Lausanne vor dem Waadtländer Kantonsgericht vorgefahren und hat in Begleitung der Herren Alexandre Zen-Ruffinen, Dominique Dreyer und Philippe-Edouard Journot – eine kleine Auswahl der von ihm beschäftigten Anwälte (siehe Foto) – dem Richter Carlsson dargelegt, warum sie trotzdem immer noch und unbedingt mitmachen wollen in der Europa League.

Servette Genf: Déjà-vu in Wien

Mit den Fristen, das wissen wir spätestens seit dem Fall Xamax, ist es so eine Sache. Und jetzt hat die SFL dem Servette FC gleichfalls solche gesetzt, seit auch aus Genf besorgniserregende Signale zu vernehmen sind. Präsident  Majid Pishyar droht unverhohlen damit, dass sein Engagement bald zu Ende sein könnte, wenn nicht er von den Genfern nicht mehr Unterstützung erfährt. Also Kohle.

Jetzt wartet die Liga auf die übliche Bestätigung der Clubführung dafür, dass die Servettiens ihre Dezember-Löhne überwiesen bekommen haben. Überdies fordern die Lizenzwächter einen ganz konkreten Nachweis ein für die Begleichung der Lohnzahlungen und Sozialversicherungsabgaben. Prognose: Da rappelt es demnächst in der Kiste. Schon sind die Meldungen aus Genf bis nach Österreich gedrungen, wo man sich noch gut erinnert an das unselige Treiben von Pishyar vor sieben Jahren bei Admira Wacker Wien.

Young Boys: Schöne neue Rasenwelt

Eigentlich, findet Ilja Kaenzig, stünden die Young Boys nur drei und nicht elf Punkte hinter dem FC Basel. Das hat der YB-Manager im «Tagesanzeiger» behauptet und all die Schiedsrichter-Entscheidungen ins Feld geführt, bei denen den Bernern in der ersten Saisonhälfte vermeintlich korrekte Treffer aberkannt worden sind.  «Das stimmt wirklich», sagt Kaenzig, «wir haben das genau abgeklärt und analysiert.» Selten wurde so schön gejammert.

1,2 Millionen Franken hat YB ausgegeben, um dem FC Luzern Raul Bobadilla wegzuschnappen. Mit dem Argentinier, einst in Europa beim FC Concordia angelandet, verbinden sich nun die neuen grossen Hoffnungen in Bern, die Titelsehnsucht dereinst stillen zu können. «Die jahrelangen Enttäuschungen müssen ein Ende finden», sagt Kaenzig. Seine Sätze wie «Wir von YB wollen die Besten sein» können ja noch als Ausdruck von Ehrgeiz begriffen werden. Reichlich vermessen klingt hingegen, dass YB dereinst «der Massstab für gute Arbeit sein soll», eine «Benchmark, an der sich einmal alle orientieren müssen».

YB weiss also, wie es geht. Jetzt auf Naturrasen, der am Sonntag gegen Servette seine Nagelprobe erlebt. Experten sagen der über dem Kunstrasen, einer Folie und etwas Humus verlegten Scholle (siehe Keystone-Foto) keine lange Haltbarkeit voraus. Macht aber nichts, denn das «Stade-de-Suisse-System» (O-Ton) trägt die Vergänglichkeit auch betriebswirtschaftlich schon in sich: auf höchstens vier Monate wird die Lebenserwartung der jeweiligen Grasnarbe geschätzt, die Anlieferungen frischer Rollen sind bereits terminiert (April, Mitte Juli, Oktober) und die jährlichen Kosten mit 500‘000 Franken budgetiert. Schöne neue Berner Rasenwelt.

FC Luzern: Baustelle begehbar

Argentinier oder Paraguayer? Hauptsache Luzern. Statt Raul Bobadilla haben sich die Innerschweizer auf den letzten Drücker die Dienste von Dario Lezcano (21) gesichert. Soll auch knapp eine Million Franken gekostet haben und füllt das Kässchen des FC Thun. Der hat sich übrigens ausbedungen, dass der Stürmer in einer Woche, wenn es Thun gegen Luzern heisst, nicht eingesetzt wird.
Abgesehen davon: Lezcanos fünf Tore in 40 Spielen in Super und Europa League sind noch kein Ausweis für höhere Qualität und kein Beleg dafür, dass die Luzerner mit der besten Abwehr (15 Gegentore in den ersten 18 Spielen) nun auch vermehrt im gegnerischen Strafraum tätig werden wollen.

Acht neue Spieler sind seit der Ankunft von Murat Yakin in Luzern verpflichtet worden (plus Xavier Hochstrasser für die kommende Saison), acht Spieler (plus Burim Kukeli, für den wegen Hochstrasser keine Verwendung mehr sein wird) wurden aussortiert, was die «Neue Luzerner Zeitung» kurz und bündig beschreibt: «Yakin mistet aus».

Zum Nachfolger von Captain Hakan Yakin («Der neue Spieler, der mich ersetzen muss, braucht sicher Zeit») wurde von Cheftrainer Murat Yakin Florian Stahel (26) bestimmt – und nicht Routinier Michel Renggli. Der soll mannschaftsintern eigentlich den Vorrang erhalten haben, weshalb nun beim ersten Verfolger des FC Basel von «Affront» (NLZ) und «Zündstoff» («Blick») die Rede ist.

Eine Baustelle haben die Luzerner immerhin behelfsmässig begehbar gemacht. Nach dem Stimmungs-Boykott der Fans im letzten Heimspiel des alten Jahres haben Club, Vertreter der Fanszene und Fanarbeit Luzern etwas beschlossen, was im aktuellen Diskurs im Schweizer Fussball – mal von Basel abgesehen – schon wie ein Fremdwort daherkommt: die Rückkehr zu einem konstruktiven Dialog. Fahnen- und Doppelhalter-Verbot für die Swissporarena wurden wieder aufgehoben; man hofft, die «bestehenden Differenzen» bereinigen zu können und zwar «bestmöglich». Toi, toi, toi.

FC Zürich: Gute Besserung

Luzern–FCZ macht am Samstag den Anfang und – Zürich wird mit elf Spielern antreten, das hat Trainer Urs Fischer tapfer versprochen. Ihm wurde eine halbe Mannschaft vom Letzigrund weg verkauft, und immerhin ist eine Behauptung von Präsident Ancillo Canepa beruhigend, wenn sie denn stimmt: Von den 15, 16 oder 17 Millionen Franken Transfererlös soll mehr auf dem Konto des FCZ hängen bleiben als im ersten Anlauf von Zürcher Zeitungen dargestellt worden war.

Das lässt darauf hoffen, dass der Club baldigst wieder zu einem ernstzunehmenden Konkurrenten in der Super League wird. Schon hat die «NZZ» nämlich ziemlich bitter festgestellt, der FCZ sei mit den Verkäufen sportlich entwertet worden, «fast so wie eine Weinkellerei, die den teuersten Bordeaux abstösst und nur noch Landwein anbieten kann». Und ähnlich hart wird mit Fredy Bickel ins Gericht gegangen, dem einst «unbestritten erfolgreichsten Sportchef der Schweiz». Dessen Aura habe zuletzt gelitten, «seine einstmals goldene Hand bei Transfers hat wiederholt gezittert.» Da kann man nur gute Besserung wünschen.

Super League, 19. Runde
Samstag, 17.45 Uhr:
FC Luzern–FC Zürich
Sonntag, 16.00 Uhr:
FC Basel–FC Sion
Grasshoppers–FC Thun
Young Boys–Servette

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