Die türkische Polizei hat die jährliche Schwulen- und Lesbenparade in Istanbul gewaltsam verhindert. Teilnehmer des «Marsch des Stolzes» wurden mit Wasserwerfern und Tränengas daran gehindert, sich auf dem Taksim-Platz zu versammeln, wie Augenzeugen berichteten.
Die Veranstalter teilten über Facebook mit, Gouverneur Vasip Sahin habe die Parade im Zentrum der Stadt ohne Vorwarnung verboten. Als Begründung habe er angegeben, dass sie in den für Muslime heiligen Fastenmonat Ramadan fällt. Das war allerdings bereits im vergangenen Jahr der Fall, wo die Behörden die Demonstranten gewähren liessen.
Die Veranstalter der «Pride Week», an deren Abschluss der Marsch in Istanbul seit Jahren stattfindet, teilten mit: «Die Polizei greift Zehntausende Menschen mit Pfefferspray, Plastikgeschossen und Wasserwerfern an. Alle Eingänge und Ausgänge vom Taksim und der Istiklal-Strasse sind geschlossen worden. Wir rufen den Istanbuler Gouverneur Vasip Sahin dazu auf, sich an die Verfassung der Türkischen Republik zu halten, die Angriffe sofort zu stoppen und eine öffentliche Erklärung abzugeben.» Weiter hiess es: «Wir sind hier, gewöhnt Euch dran, wir gehen nicht weg. Liebe gewinnt!»
In den vergangenen Jahren möglich
In den vergangenen Jahren hatte der Marsch in Istanbul ohne Zwischenfälle stattgefunden. Eine empörte Passantin sagte am Sonntag: «In was für einem Land leben wir? Was ist das für eine Diktatur?»
Polizisten drängten friedliche Demonstranten mit Regenbogenflaggen auf der Einkaufsmeile Istiklal Caddesi in die entgegengesetzte Richtung vom Taksim-Platz zurück. Bunt geschminkte Teilnehmer flüchteten in Geschäfte, die ihre Rollläden herunterliessen.
Die Türkei gehört zu den wenigen Ländern in der Region, in denen Homosexualität nicht verboten ist. Teile der mehrheitlich muslimischen Gesellschaft sind aber sehr konservativ.
Weltweit erinnern derzeit Paraden zum Christopher Street Day an einen Aufstand von Schwulen, Lesben und Transsexuellen am 28. Juni 1969 in der New Yorker Christopher Street.