Wawrinka physisch und mental stärker als Del Potro

Stan Wawrinka steht wie 2013 und 2015 im Halbfinal des US Open. Der 31-jährige Waadtländer gewinnt seinen Viertelfinal um 1.20 Uhr morgens New Yorker Zeit gegen Juan Martin Del Potro.

Kampfgeist belohnt: Stan Wawrinka gewann den schwierigen Viertelfinal gegen Juan Martin Del Potro in vier Sätzen (Bild: sda)

Stan Wawrinka steht wie 2013 und 2015 im Halbfinal des US Open. Der 31-jährige Waadtländer gewinnt seinen Viertelfinal um 1.20 Uhr morgens New Yorker Zeit gegen Juan Martin Del Potro.

Kurz nach halb eins in der Früh zog Wawrinka einen seiner typischen Longline-Rückhandbälle an Del Potro vorbei und tippte sich an die Stirn. Mit seinem ersten Break seit Mitte des ersten Satzes hatte er den Argentinier geknackt – mental und physisch. Der 31-jährige Waadtländer wusste, dass er mit dem 5:3 im dritten Satz einen grossen Schritt zum Sieg gemacht hatte.

Wenig später gewann er den Satz und zog im vierten Durchgang gleich auf 4:0 davon. Del Potros Widerstand war gebrochen, da halfen auch die «Delpo»-Sprechchöre der tausenden von Fans, die im Arthur Ashe Stadium ausgeharrt hatten, nichts mehr. Nach knapp dreieinviertel Stunden nutzte Wawrinka seinen ersten Matchball zum 7:6 (7:5), 4:6, 6:3, 6:2-Sieg.

Er war am Ende frischer und fitter als der Argentinier, der erst im Februar nach langer Verletzungspause und drei Handgelenksoperationen zurückgekehrt und aktuell nur die Nummer 142 der Welt ist. Drei Sätze lang leistete der Olympia-Silbermedaillengewinner aber harten Widerstand. Er war sogar besser gestartet als der Schweizer und 4:1 in Führung gegangen. Nach einem missglückten Stoppball Del Potros holte Wawrinka das Break zurück. Er tat sich in einer sehr ausgeglichenen Begegnung lange Zeit schwer, mit der Zeit zahlten sich aber einige kleine taktische Anpassungen aus. Der Lausanner wich etwas zurück, nahm die Bälle später und gab sich dadurch mehr Zeit. Ausserdem gelang es ihm besser, die schwächere Rückhand Del Potros anzuspielen.

Im Halbfinal trifft Wawrinka, der am US Open noch nie den Final erreichte, auf den Japaner Kei Nishikori. Die Weltnummer 7 setzte sich überraschend in fast vier Stunden 1:6, 6:4, 4:6, 6:1, 7:5 gegen Wimbledon- und Olympiasieger Andy Murray durch. Der Schweizer hat drei von fünf Spielen gegen den Asiaten für sich entschieden. Das letzte, vor fünf Wochen im Halbfinal in Toronto, gewann aber Nishikori ebenso wie das bisher einzige am US Open vor zwei Jahren im Viertelfinal.

Murray vom Gong ausgeknockt

Der Schotte erreichte damit erstmals in diesem Jahr bei einem Grand-Slam-Turnier nicht den Final. Nishikori steht hingegen zum zweiten Mal nach 2014, als er im Final gegen Marin Cilic verlor, im Halbfinal.

Murray startete ähnlich überzeugend wie er im Achtelfinal gegen Grigor Dimitrov die gesamte Partie dominiert hatte. Zweimal wurde er jedoch durch äussere Umstände eingebremst. Nach dem klaren 6:1 im ersten Satz begann es bei 3:3 im zweiten leicht zu regnen, so dass das Dach des Arthur Ashe Stadium geschlossen wurde. Danach kam der Japaner besser ins Spiel.

Nachdem er den dritten Satz gewonnen hatte, erarbeitete sich Murray im dritten Game des vierten Durchgangs einen Breakball zum 2:1 und befand sich im Ballwechsel in einer guten Position, als eine Fehlfunktion der Tonanlage im Stadion einen lauten Gong ertönen liess. Der Punkt wurde unterbrochen, wiederholt und der Schotte regte sich fürchterlich auf. So sehr, dass er nicht nur das Break nicht schaffte, sondern gleich die nächsten sieben Games bis zum 0:2 im fünften Satz verlor.

Diesen Rückstand machte er zum 4:4 zwar nochmals wett, auf einen weiteren Aufschlagverlust zum 5:6 konnte er aber nicht mehr reagieren. Der Brite nahm die Niederlage danach recht gelassen. «Im Prinzip kann ich nicht allzu enttäuscht sein. Ich hätte die Partie natürlich gerne gewonnen, aber es war auch so ein guter Sommer», erklärte er. Für Murray war es erst die zweite Niederlage im 28. Spiel seit dem verlorenen Final des French Open. Die Müdigkeit angesichts des chargierten Programms in den letzten Wochen wollte er nicht als Grund sehen. «Andere haben auch viel gespielt und sind auch müde.»

Nishikori zeigte sich natürlich glücklich über den Sieg. «Der Start war schwierig, aber dann hat es mir geholfen, dass ich während der Regenunterbrechung mit meinen Coaches sprechen konnte», erklärte der Japaner. Und diese, Michael Chang und Dante Bottini, fanden offenbar die richtige Taktik.

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