Die Welt verändert sich und mit ihr auch das Weltwirtschaftsforum (WEF). Philip Jennings, Chef des Gewerkschaftsweltverbands, beurteilt die Entwicklung des Treffens der Mächtigen positiv.
«Das WEF ist ein Ort, an dem die Gewerkschaften präsent sein sollten. Die Personen, auf die wir Einfluss nehmen müssen, sind da», sagt Jennings im Gespräch mit der Nachrichtenagentur sda. Ohne das Forum hätte er beispielsweise nie die deutsche Kanzlerin Angela Merkel kennengelernt.
Auch wenn in Davos nichts entschieden werde, sei es doch ein Ort, wo Verbesserungen diskutiert und in die Wege geleitet werden könnten. Und wo sich ein Gewerkschafter ungezwungen mit dem Konzernchef eines multinationalen Unternehmens aber auch mit Vertretern der UNO oder der Weltbank austauschen könne.
Ein Fuss in der Türe
«Heute haben wir einen Platz am Tisch. Wir haben eine Stimme und diese wird gehört», sagt Jennings, Generalsekretär von UNI Global Union mit Sitz in Nyon VD. Das sei nicht immer so gewesen und das WEF habe massgeblich dazu beigetragen, dass sich dies änderte.
Um in den exklusiven Zirkel des WEF aufgenommen zu werden, musste sich Jennings aber erst Gehör verschaffen. Anfang der 1990er Jahre als die Welt und Europa nach dem Fall der Berliner Mauer im Umbruch waren, habe das WEF grosse Schlagzeilen gemacht. «Da fragte ich mich, wie wir einen Fuss in die Türe halten können. Ich rief Klaus Schwab an und einige Tage später erhielt ich eine Einladung für das nächste Treffen».
Die erstmalige Teilnahme eines Gewerkschafters am WEF 1995 sei verrückt gewesen. Alle hätten sich gefragt, was er hier eigentlich verloren habe, erinnert sich Jennings. Doch seither hätten sieben der acht grossen internationalen Gewerkschaftsverbände am jährliche Treffen in Davos teilgenommen. Auch Jennings selbst wurde immer wieder eingeladen.
WEF hat sich geöffnet
Das Forum habe sich in all den Jahren verändert und widme sich nicht mehr bloss dem «Big Business». Mittlerweile kämen auch soziale und ethische Themen zur Sprache. Auch die Organisation des WEF habe sich geöffnet und setze die Themen nicht mehr nur in Eigenregie. Selbst die Gewerkschaften könnten sich in der Vorbereitung des Treffens einbringen, anerkennt Jennings.
«Früher hat man vor allem über Wettbewerb gesprochen. Heute finden sich Diskussionen rund um Gleichheit, integratives Wachstum oder Menschenrechte». Das wäre laut Jennings früher undenkbar gewesen.
Doch der Waliser aus Cardiff kommt nicht der Plauderei wegen nach Davos. Er habe hier schon flammende Diskussionen über die Globalisierung geführt. Oder harte Gespräche mit der Chefin des Internationales Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, über die Verwüstung, welche die Trojka in Griechenland hinterlassen habe.
Dieses Jahr habe er die wachsende Ungleichheit angeprangert. Der «Verrat an der Arbeiterschaft», wie Jennings es nennt, habe dieses Jahr die Diskussionen am WEF stark geprägt.