Drei Kenianern steht der Klageweg gegen die britische Regierung wegen Kolonialverbrechen in den 1950er Jahren offen: Am Freitag entschied ein Londoner Gericht, ein Verfahren wegen mutmasslicher Verbrechen bei der Niederschlagung der Mau-Mau-Bewegung sei zulässig.
„Ein faires Verfahren“ zu den Vorwürfen der Kenianer sei zulässig, entschied der High Court als oberstes Gericht. Die Beweislage erscheine im Wesentlichen stichhaltig, urteilte Richter Richard McCombe. Die Justiz müsse den Klagen daher nachgehen. Die Kläger werfen den Briten brutale Misshandlungen in den Internierungslagern der Kolonialzeit vor.
Die Anwälte der mutmasslichen Opfer begrüssten das Urteil als „historisch“. Eine Unterstützerin sagte vor dem Gerichtsgebäude: „Am wichtigsten ist, dass nun endlich die Wahrheit herauskommt.“
Aussenministerium will sich gegen Klage wehren
Das britische Aussenministerium erklärte hingegen, es sei von dem Urteil „enttäuscht“ und kündigte an, Widerspruch gegen die Entscheidung einzulegen. Es erklärte, Zivilklagen müssten nach britischen Recht innert drei bis sechs Jahren vorgebracht werden.
Zudem seien die Verantwortlichen von damals mittlerweile tot oder nicht in der Lage, sich zu den Vorwürfen zu äussern. Gleichzeitig teilte es mit, die Beziehungen zwischen beiden Ländern seien heute sehr gut und beide Völker seien einander eng verbunden.
Die drei älteren Kläger – eine Frau und zwei Männer – Jane Muthoni Mara, Paulo Muoka Nzili und Wambugu Wa Nyingi geben an, während des Mau-Mau-Kriegs in den 1950er Jahren in Internierungslagern von britischen Soldaten misshandelt worden zu sein. Laut ihren Anwälten wurde Nzili kastriert, Nyingi schwer geschlagen und Mara Opfer schweren sexuellen Missbrauchs.
Richter McCombe sagte am Freitag, die vorliegenden Archivdokumente zu der Kolonialzeit könnten „ein sehr vollständiges Bild davon zeichnen, was in Regierungs- und Militärkreisen sowohl in London als auch in Kenia vor sich ging“.
Vater von US-Präsident Obama interniert
Der Aufstand der Mau-Mau gegen die britische Kolonialherrschaft war von den Briten niedergeschlagen worden. Mehr als zehntausend Menschen wurden getötet, möglicherweise sogar noch deutlich mehr. Zehntausende wurden interniert, darunter der Vater von US-Präsident Barack Obama.
Die drei Kenianer beklagten, die britische Regierung habe alles getan, um die Klagen abzuschmettern, indem sie argumentierte, dass die vorgetragenen Fälle zu lange zurücklägen. Die Kläger hielten dagegen, dass es sich um aussergewöhnlich schwere Verbrechen handle. Ein vierter Kläger ist mittlerweile verstorben.
Die von der Regierung in Nairobi und der kenianischen Menschenrechtskommission unterstützten Kläger verlangen eine Entschuldigung von Grossbritannien. Ausserdem fordern sie die Einrichtung eines Wohlfahrtsfonds für etwa tausend noch lebende ehemalige Gefangene.