Weinkultur am Genfersee

Im Lavaux kann man auch im Winterhalbjahr die atemberaubende Aussicht, gutes Essen und von Saxofon-Klängen veredelten Wein geniessen.

Lavaux Panorama

(Bild: Franziska Siegrist)

Im Lavaux kann man auch im Winterhalbjahr die atemberaubende Aussicht, gutes Essen und von Saxofon-Klängen veredelten Wein geniessen.

Jedes Mal, wenn ich mit dem Zug von Freiburg her bei Grandvaux aus dem Tunnel komme, weitet sich der Blick und das Herz: Die Sonne spiegelt sich im See, dahinter strahlen schneeweiss die höchsten Alpengipfel und im Vordergrund erstrecken sich beinahe endlose Rebberge.

Der Weinbau prägt ganzjährig die Arbeit und die Kultur in dieser Region. Im Spätherbst ist das Leben im Lavaux beschaulicher als während dem Ernte-Hochbetrieb. Nun, da die Nebelschwaden über dem Genfersee eine mystische Stimmung verbreiten, gärt der Wein in den Fässern in Ruhe vor sich hin. 

In Ruhe? Nicht beim Weinbauern Alain Chollet aus Villette. Er wirbt mit einer speziellen Etikette auf seinen Weinflaschen: «Vin élevé en musique». In der ruhigeren Winterzeit spielt er täglich im Weinkeller Saxofon, was sich ganz sicher positiv auf die Qualität auswirkt.

Kulturregion statt Museumslandschaft

Chollet ist zufrieden mit der diesjährigen Ernte: «2016 ist ein Spitzenjahrgang.» Auch dieses Jahr konnte er auf freiwillige Erntehelfer zählen. Seine Internetseite «Vendanges à la carte» ist mittlerweile sogar in einem chinesischen Reiseführer verzeichnet. Wie die meisten Weinbauern der Gegend führt der seit mehreren Generationen bestehende Familienbetrieb alle Arbeitsschritte selbst aus, vom Anpflanzen und der Pflege der Rebstöcke über die Ernte, das Pressen und das Reifen des Weins in den Fässern bis hin zum Abfüllen in Flaschen.



Lavaux Weinberg

Im Lavaux dreht sich nicht nur während der Ernte alles um die Weinreben (Bild: Franziska Siegrist)

Chollet erzählt uns, dass sich diese Kulturlandschaft mit den speziell für den Weinbau angelegten alten Terrassen so gut erhalten habe, weil die Bevölkerung schon vor Jahrzehnten beschlossen hatte, die Rebberge zu schützen und nicht in Bauland umzuzonen und weil auch die junge Generation diese Arbeit weiter pflegt. Das Label «Unesco-Weltkulturerbe» hilft, die ganze Gegend lebendig zu erhalten. Es soll keine Museumslandschaft sein, sondern eine sich ständig weiter entwickelnde Kulturregion.

Am Abend lassen wir uns in der Auberge de la Gare in Grandvaux verwöhnen. Familie Delessert pflegt in einer herzlichen Atmosphäre eine regionale Küche mit frischen Produkten. Wer die Aussicht geniessen will, kommt in der dunklen Jahreszeit besser über Mittag. Nach dem Essen und einem edlen Tropfen aus der Gegend wartet auf uns eines der wenigen gemütlichen und originell eingerichteten Zimmer.

Drei Mal Sonne für den Wein 

Am nächsten Tag zieht es uns auf den See. Der Perspektivenwechsel mit dem Blick vom Schiff in die Rebberge und die schmucken Weindörfer zeigt, wie weitläufig das Lavaux ist. Die Einheimischen sagen, dass der Wein hier besonders gut gedeihe, weil er die Kraft der Sonne dreimal nutzen kann: Erstens die Sonne am Himmel, zweitens die sich im See spiegelnde Sonne und drittens die in den Steinmauern gespeicherte Wärme. Auch uns Menschen tut die Dezember-Sonne gut.

Wir nehmen ein Teilstück des Lavaux-Wanderweges, der von Lausanne bis zum Schloss Chillon führt, unter die Füsse. Unterwegs erfahren wir auf Informationstafeln allerlei Wissenswertes über den Weinbau, die Geologie und das Leben in dieser Region. Die Wege sind grösstenteils asphaltiert und eignen sich bestens für einen Spaziergang oder eine Velotour mit Weitblick.

Und nach ein bisschen Bewegung ist der Appetit wieder geweckt für Köstlichkeiten aus Küche und Weinkeller.

  • Panoramablick
    Die zwei kleinen Häuschen («Capites») mitten im Rebhang sind öffentlich zugänglich. Den Wein holt man sich selbst im Kühlschrank beim Weingut. Und nun den Sonnenuntergang geniessen …
  • Gaumenfreude
    In der Auberge de la Gare in Grandvaux isst man vorzüglich, wird herzlich bedient und fühlt man sich rundum wohl.
  • Stilvoll auf dem Wasser
    In der Sommersaison auf einem der Dampfschiffe der Belle-Epoque-Flotte. Aber auch im Winter mit ausgedünntem Fahrplan ist eine Schifffahrt immer ein Vergnügen.

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