Die US-Regierung unter Präsident Barack Obama sammelt Millionen von Telefondaten privater Kunden. Ein ranghoher Mitarbeiter des Weissen Hauses bestätigte am Donnerstag einen Zeitungsbericht, wonach ein US-Sondergericht die Herausgabe von Daten des US-Telekom-Konzerns Verizon an die US-Behörden angeordnet hat.
Unter Präsident Obama sammelt die Regierung der Vereinigten Staaten seit Jahren Telefondaten von Millionen Amerikanern, wie die britische Zeitung «The Guardian» am Donnerstag öffentlich machte. Der Guardian berief sich dabei auf ein im April ergangenes «streng geheimes» Urteil des Foreign Intelligence Surveillance Court (FISA). «Das Dokument zeigt erstmals, dass unter der Obama-Regierung wahllos Kommunikationsdaten von Millionen von US-Bürgern gesammelt werden, unabhängig davon, ob sie irgendeines Vergehens verdächtigt werden», schreibt der «Guardian».
Demnach erteilte der FISA-Gerichtshof der US-Bundespolizei FBI am 25. April die Erlaubnis, bis zum 19. Juli sämtliche Telefondaten der mehr als 120 Millionen Kunden von Verizon anzufordern. Das Unternehmen muss die Nummern beider Gesprächspartner sowie Angaben zu Zeit, Ort und Dauer der Anrufe übermitteln.
Informationen zum Inhalt der Gespräche werden den Angaben zufolge aber nicht gesammelt. Es gilt als wahrscheinlich, dass für andere US-Mobilfunkanbieter ähnliche Urteile erlassen wurden.
Seit Jahren routinemässig
Laut der «Washington Post» meint ein Experte, dass die gerichtliche Verfügung seit Jahren alle 90 Tage routinemässig neu ausgestellt wird. Die Telefonanbieter sähen sie als juristische Absicherung für ihre Weitergabe von Kundendaten.
Das Weisse Haus bestätigte das Urteil nicht ausdrücklich, verteidigte das systematische Sammeln von Telefondaten aber als «wichtiges Mittel» im Kampf gegen den Terrorismus.
Ein Vertreter der US-Regierung sagte, dass die Behörden auf diesem Weg Informationen über Kontakte von Terrorverdächtigen erhalten könnten. Das Sammeln von privaten Kommunikationsdaten sei strengen Richtlinien und einer strikten Kontrolle unterworfen, um sicherzustellen, dass die Praxis mit der Verfassung vereinbar sei.
Bürgerrechtsgruppen sind entsetzt
Bürgerrechtsgruppen zeigten sich entsetzt über den Bericht. «Das ist ein Programm, in dem eine unermessliche Zahl unschuldiger Menschen unter die ständige Überwachung der Regierung gestellt wird», sagte Jameel Jaffer von der American Civil Liberties Union (ACLU).
Diese Praxis gehe noch über den «Orwellschen Überwachungsstaat» hinaus und zeige erneut, dass demokratische Grundrechte ohne Hinweise an die Öffentlichkeit an Geheimdienste ausgeliefert werden.
Die Regierung Obama steht bereits in der Kritik, weil sie sich heimlich Telefon-Daten von Journalisten der Nachrichtenagentur Associated Press (AP) und E-Mails eines Fernsehreporters des Senders Fox verschaffte.
USA sammeln riesige Datenmengen
Der Fall soll im Zusammenhang mit einem AP-Bericht vom Mai 2012 über einen vom CIA und anderen Geheimdiensten ausgeführten Einsatz stehen, durch den die Al-Kaida im Jemen daran gehindert worden sein soll, eine Bombe in einem Flugzeug mit Ziel USA zu zünden.
Auch unter dem Vorgänger von Präsident Barack Obama, George W. Bush, hatten die Sicherheitsbehörden zur Terrorabwehr ein riesiges Daten-Fangnetz ausgeworfen. Die Zeitung «USA Today» hatte im Jahr 2006 aufgedeckt, dass die NSA nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 ein geheimes Programm zur Sammlung sämtlicher Telefon-, Internet und E-Mail-Daten begonnen hatte.