In der Hoffnung auf Kredite und Investitionen aus dem Westen hat das autoritär geführte Weissrussland ein neues Parlament gewählt. Experten rechneten mit einem klaren Sieg regimetreuer Kandidaten bei der Verteilung der 110 Mandate.
Zuletzt sassen gut 100 parteilose Lukaschenko-Anhänger im Parlament. Die Ex-Sowjetrepublik habe viel bewegt, damit westliche Sanktionen aufgehoben werden, sagte Machthaber Alexander Lukaschenko bei der Stimmabgabe am Sonntag in einem Minsker Wahllokal. Die Beteiligung lag nach Behördenangaben vor Schliessung der Wahllokale bei rund 70 Prozent.
Beobachter sprachen von einem schleppenden Verlauf, die Menschen seien bei sonnigem Wetter lieber auf die Datscha gefahren. Ergebnisse wurden an diesem Montag erwartet, ebenso eine Bewertung der Wahl durch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), die rund 400 Beobachter in das Land geschickt hatte.
Der 62-jährige Lukaschenko regiert in Minsk seit 22 Jahren. Er gilt als «letzter Diktator Europas» und pflegt engen Kontakt zu Russland. Weissrussland vollstreckt als einziges Land in Europa die Todesstrafe.
Minsk hofft auf Kredite aus dem Westen
Lukaschenko hofft angesichts einer tiefen Wirtschaftskrise, mit einer friedlichen Wahl nach demokratischen Standards die Beziehungen zum Westen zu stärken. Minsk setzt auf frische Kredite aus dem Westen. Die weissrussische Wirtschaftsleistung war 2015 um fast vier Prozent geschrumpft. Auch für dieses Jahr sind die Aussichten trübe.
«Wir wollen nicht mit Sanktionen leben», sagte der Präsident. Das enge Verhältnis zum «Bruderstaat» Russland solle unter der Annäherung an den Westen aber nicht leiden, betonte Lukaschenko.
Die EU hatte nach der friedlichen Präsidentenwahl 2015 und der Freilassung politischer Häftlinge Strafmassnahmen gegen die Führung in Minsk gelockert. Die Sanktionen waren nach dem rabiaten Vorgehen gegen Opposition und Demonstranten 2010 verhängt worden.
Die OSZE kritisiert immer wieder Defizite bei Wahlen in Weissrussland. Zwar sind einige Vorschläge der OSZE umgesetzt worden und auch die Opposition räumt ein, dass die Regierung ihren harten Griff etwas gelockert habe. Erstmals sei etwa die Teilnahme an Diskussionen im Fernsehen erlaubt worden. Aber es gibt auch Rückschritte.
Zwang zu vorzeitiger Stimmabgabe
Die Menschenrechtsorganisation Wesna warf den Behörden vor, zahlreiche Bürger zur vorzeitigen Stimmabgabe gezwungen zu haben. Nach Angaben der Wahlleitung hatte zwischen dem 6. und 10. September knapp ein Drittel der sieben Millionen Berechtigten vorzeitig gewählt. Dieser Vorgang sei kaum zu kontrollieren, meinen Kritiker.
Die Opposition ist zersplittert. Nur einzelnen Regimegegnern wie der früheren Präsidentschaftskandidatin Tatjana Korotkewitsch werden Chancen eingeräumt. Lukaschenko kritisierte bei der Stimmabgabe, die Opposition vertrete nicht die Interessen der Bürger. «Sie ist zu weit weg vom Volk und will sich nicht annähern», behauptete er.
Die OSZE berichtete vorab, der Wahlkampf sei unsichtbar, und die wenigen Veranstaltungen seien kaum besucht.