Weitere 23 Festnahmen in der Türkei wegen Abhörvorwürfen

In der Türkei sind bei landesweiten Razzien im Zuge der Abhörvorwürfe erneut 23 Menschen festgenommen worden. Ranghohe Beamte aus Telekommunikations- und Technologiebehörden sollen Staatspräsident Erdogan und andere führende Politiker abgehört haben.

Ein Mann trägt eine türkische Flagge (Archiv). (Bild: sda)

In der Türkei sind bei landesweiten Razzien im Zuge der Abhörvorwürfe erneut 23 Menschen festgenommen worden. Ranghohe Beamte aus Telekommunikations- und Technologiebehörden sollen Staatspräsident Erdogan und andere führende Politiker abgehört haben.

Bei landesweiten Razzien im Zuge der Abhörvorwürfe in der Türkei sind am Dienstag 23 Menschen festgenommen worden. Insgesamt seien Haftbefehle für 28 Menschen in Ankara, Istanbul und anderen Städten erlassen worden, berichtete die türkische Nachrichtenagentur Anadolu.

Unter den Festgenommenen seien ehemalige ranghohe Beamte der Telekommunikations- und Technologiebehörden. Ihnen wird vorgeworfen, den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und andere führende Politiker illegal abgehört zu haben.

Laut Anadolu ist es bereits das vierte Mal, dass mit Razzien gegen Verdächtige in dem Fall vorgegangen wird. Wie bereits bei früheren Razzien wurde die Aktion zuvor durch einen mysteriösen Twitter-Nutzer namens Fuat Avni detailreich bekannt gemacht.

Die Identität Fuat Avnis, der von Erdogan als «Tyrann» spricht, ist nach wie vor unklar. Spekulationen zufolge könnte es sich bei ihm um einen ranghohen Regierungsbeamten handeln. Unterdessen wurden auch die Polizeichefs in 21 Provinzen entlassen, wie am Dienstag im türkischen Amtsblatt bekanntgegeben wurde.

Zusammenhang mit Korruptionsskandal

Die jüngsten Festnahmen stehen erneut im Zusammenhang mit dem Korruptionsskandal, der die Regierung des damaligen Ministerpräsidenten Erdogan vor gut einem Jahr erschüttert hatte. Abhörprotokolle spielten bei den Ermittlungen gegen Regierungsmitglieder eine Rolle.

Erdogan selbst bezichtigt seinen Erzrivalen Fethullah Gülen, die Korruptionsvorwürfe fabriziert zu haben, um ihn und seine Regierung zu stürzen. Am Montag hatte Erdogan angekündigt, dass die Razzien gegen Unterstützer des in den USA lebenden Gülen noch ausgeweitet würden, da «noch vieles offenzulegen» sei.

Noch am Dienstag sollte das türkische Parlament darüber abstimmen, ob vier ehemalige Minister wegen der Korruptionsvorwürfe vor Gericht gestellt werden sollen. Ein Parlamentsausschuss hatte bereits entschieden, dass sie nicht vor Gericht kommen sollen. Da die Regierungspartei AKP eine komfortable Mehrheit besitzt, wurde davon ausgegangen, dass diese Entscheidung abgesegnet wird.

Internet-Kontrolle

Nach mehreren gescheiterten Versuchen nimmt die Regierungspartei einen neuen Anlauf zur staatlichen Kontrolle des Internets. Der Abgeordnete Kerim Özkul reichte einen entsprechenden Vorschlag zur Änderung des Internetgesetzes ein. Der Entwurf war am Dienstag auf der Website des Parlaments abrufbar.

Demnach soll die staatliche Telekommunikationsbehörde TIB auf Anordnung des Ministerpräsidenten oder zuständiger Ministerien Internetseiten ohne Gerichtsbeschluss sperren lassen dürfen, wenn diese die «nationale Sicherheit» oder die «öffentliche Ordnung» gefährdet sehen.

Internetanbieter müssen die Anweisung zur Sperrung von Webseiten innerhalb von vier Stunden umsetzen. Innerhalb von 24 Stunden muss die Entscheidung einem Gericht vorgelegt werden. Bestätigt das Gericht die Sperrung nach 48 Stunden nicht, wird sie automatisch aufgehoben.

Im September 2013 hatte das türkische Parlament einer ähnlichen Gesetzesänderung zugestimmt. Das Verfassungsgericht hob die Verschärfung des Gesetzes jedoch wieder auf.

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