Die Zahl der Todesopfer nach dem Lawinenunglück in Mittelitalien ist auf sieben gestiegen. Am Montagnachmittag sei die Leiche einer Frau aus dem von der Lawine verschütteten Berghotel geborgen worden, berichteten italienische Medien.
Die Leiche sei in einem Raum nahe der Küche des Restaurants gefunden worden. Nach dem Fund sinkt die Zahl der Vermissten auf 22. Aus dem Hotel in den Abruzzen gab es seit längerer Zeit kein Lebenszeichen mehr. Trotzdem sagte Zivilschutzchef Fabrizio Curcio: «Wir haben noch Hoffnungen, dass Menschen am Leben sind.»
Die Bergungsteams setzten die Suche nach Überlebenden fort. Unter grossen Gefahren suchten sie die letzten Nischen ab, in die sich noch Überlebende hätten flüchten können. «Wir kämpfen gegen die Zeit, wir wissen, dass wir uns beeilen müssen», sagte Feuerwehrsprecher Luca Cari im Fernsehen. Doch die Umstände seien wenig günstig.
Seit dem Lawinenabgang am späten Mittwochnachmittag wurden zehn Menschen gerettet, darunter drei Kinder. Von den Vermissten fehlt jedes Lebenszeichen, zudem müssen die Rettungsteams neue Lawinenabgänge fürchten.
Unterdessen nimmt die Kritik an den Behörden weiter zu. Neben der Frage, warum ein angeforderter Schneepflug nicht kam, stellte sich auch die Frage, ob die Behörden die Lage im Vorfeld unterschätzt haben.
Kaum lawinengefährdet
Die Medien veröffentlichten am Montag eine E-Mail des Hoteldirektors, in der er schon Stunden vor dem Unglück Hilfe angefordert hatte. Darin warnte er, die Situation sei «besorgniserregend».
Offenbar rechnete aber niemand mit der Lawine. «In den vergangenen 70 Jahren wurde noch nie eine Lawine in Betracht gezogen», versicherte der ehemalige Gemeindepräsident von Farindola, Massimiliano Giancaterino, dessen Bruder in dem Hotel ums Leben kam.
Auch nach Angaben des Vorsitzenden des italienischen Geologen-Rats, Francesco Peduto, galt die Gegend bislang als wenig lawinengefährdet. Erst der ungewöhnliche harte Winter und die Erdbebenserie am Mittwoch habe zu der Tragödie geführt.
Jagd nach «Sündenböcken»
Die Staatsanwaltschaft hatte bereits am Donnerstag ein Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Tötung eingeleitet. Es geht dabei auch um die Frage, ob das Hotel ohne Genehmigung mitten im Naturschutzgebiet des Gran-Sasso-Massivs gebaut wurde.
1972 wurde das «Rigopiano» an der Stelle einer einfachen Schutzhütte in 1200 Metern Höhe eröffnet und vor zehn Jahren zu einem eleganten Vier-Sterne-Hotel mit Sauna und Pool ausgebaut. Lange Zeit ermittelte die Justiz, ob Gemeindevertreter bestochen wurden, um beim Ausbau des Hotels alle Augen zuzudrücken. Im November wurden die Ermittlungen eingestellt.
Regierungschef Paolo Gentiloni rief am Sonntagabend im Fernsehen dazu auf, keine Jagd nach «Sündenböcken» zu betreiben: «Die Wahrheit soll helfen, dass die Dinge künftig besser funktionieren und nicht, um alte Rechnungen zu begleichen», sagte er.