Der US-Plan zum Aufbau einer gemässigten Rebellentruppe in Syrien hat einen weiteren Rückschlag erlitten. Kämpfer der dschihadistischen Al-Nusra-Front verschleppten in der nördlichen Provinz Idlib mindestens fünf Mitglieder der sogenannten «Division 30».
In dieser Gruppe kämpfen von den USA ausgebildete Rebellen gegen Terrorgruppen in Syrien. Von der Entführung im Dorf Kah nahe der türkischen Grenze im Nordwesten Syriens berichteten am Dienstag die in Grossbritannien ansässige syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Deren Angaben sind von unabhängiger Seite kaum überprüfbar.
Demnach hatten die von den USA ausgebildeten Kämpfer in einem Flüchtlingscamp in Kah Unterschlupf gesucht. Die Dschihadisten von Al-Nusra hätten deshalb am Montagabend das Camp gestürmt und mindestens fünf der Rebellen gefangen genommen – es könnten aber auch mehr gewesen sein.
Der Direktor der Beobachtungsstelle, Rami Abdel Rahmane, sagte, die Al-Nusra-Front bringe die von den USA unterstützten Rebellen in den Provinzen Idlib und Aleppo «zur Strecke».
Nicht erste Entführung
Bereits am vergangenen Donnerstag war der Kommandeur der Brigade, Nadim al-Hassan, gemeinsam mit sieben weiteren Kämpfern nördlich von Aleppo in die Hände der Al-Kaida-nahen Miliz gefallen. Einen Tag später wurden bei Gefechten zwischen den islamischen Extremisten und den Rebellen sechs Angehörige der Division getötet.
Die in der Türkei von US-Soldaten ausgebildete Einheit soll in Syrien vor allem gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) kämpfen. Die USA wollen dafür jährlich rund 5000 syrische Rebellen ausbilden.
Weil das Militär aber Probleme hat, vertrauenswürdige Kämpfer zu finden, sind jüngsten US-Medienberichten zufolge bisher nur 54 Mann trainiert worden. Die Einheit besteht überwiegend aus Turkmenen und gemässigten Rebellen, die in Syrien aus ihren Stellungen vertrieben wurden.
Nach Ansicht der Al-Nusra-Front sind die Oppositionskämpfer US-Spione. Das US-Verteidigungsministerium hatte bestritten, dass die Männer das Ausbildungsprogramm des US-Militärs durchlaufen hätten.
USA fliegt Drohnenangriffe
Derweil hat die USA ihre Luftangriffe nochmals verstärkt: Erstmals starteten von der türkischen Militärbasis Incirlik aus bewaffnete Drohnen, um die IS in Syrien anzugreifen, wie das Pentagon in der Nacht zum Dienstag mitteilte. Warnungen der USA, dass syrische Regierungstruppen den von den USA ausgebildeten Rebellen am Boden nicht in die Quere kommen sollten, nahm Damaskus gelassen auf.
Der für Einsätze gegen IS zuständige US-Vize-Sondergesandte Brett McGurk schrieb im Kurznachrichtendienst Twitter: «Das ist nur der Anfang.» Laut türkischen Medienberichten werden in den nächsten Tagen Dutzende US-Kampfjets mit Piloten in der Türkei erwartet.
Auch der Sprecher von US-Präsident Barack Obama, Josh Earnest, sagte am Montag, die USA seien zu «zusätzlichen Schritten» bereit. Er deutete so mögliche Luftangriffe auf Assad-Truppen an.
Kritik aus Russland
Russlands Aussenminister Sergej Lawrow kritisierte die Äusserungen des Weissen Hauses als «kontraproduktiv». Er forderte nach einem Treffen mit US-Aussenminister John Kerry in Doha eine «sofortige Beendigung der Einmischung von aussen in die syrische Krise». Russland ist einer der letzten Verbündeten von Assad.
Der US-geführte Militäreinsatz richtet sich gegen den IS und nicht gegen die syrische Regierung, Washington verlangt aber Assads Rückzug von der Macht.
In Syrien wütet seit mehr als vier Jahren ein Bürgerkrieg zwischen Assads Truppen und gemässigten sowie islamistischen Aufständischen. Seit Beginn der Kämpfe im März 2011 wurden nach nicht überprüfbaren Angaben der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte bereits etwa 230’000 Menschen getötet.