Die 1:5-Niederlage von Weltmeister Spanien gegen Holland sorgt für den ersten Paukenschlag an der WM in Brasilien. Der «Goldenen Generation» der Spanier droht die schnelle Heimkehr.
Die monumentale Schlappe des Weltmeisters am Freitag in der Neuauflage des WM-Finals von 2010 erschütterte die Fussball-Welt – und ist eine der grösseren Überraschungen in der jüngeren WM-Geschichte. Noch vor wenigen Wochen hatte der spanische Fussball in vollem Glanz erstrahlt. Nachdem die Nationalmannschaft die letzten drei grossen Turniere für sich entschieden hatte, dominierten in diesem Jahr auch die spanischen Klubs in Europa fast nach Belieben. Der FC Sevilla siegte in der Europa League, Real und Atletico Madrid standen sich im Champions-League-Final in Lissabon gegenüber.
Nun, knapp einen Monat später, ist es vorbei mit der spanischen Herrlichkeit. Der «Seleccion» droht in Brasilien der Totalabsturz. «Weltmeisterliche Demütigung» schrieb die Online-Ausgabe der «Marca» wenige Stunden nach der 1:5-Niederlage in Salvador. «Mundo Deportivo» sprach von einer «Ohrfeige für den Weltmeister», für «El Pais» war es eine «vernichtende Niederlage». Noch nie in der 84-jährigen WM-Geschichte hatte ein aktueller Weltmeister eine solche Schmach erlitten, für Spanien war es die höchste WM-Niederlage seit 64 Jahren und der letzten Weltmeisterschaft in Brasilien.
Die Exponenten suchten nach der Demütigung nicht nach Ausreden. «Es ist die härteste Niederlage meiner Karriere», sagte Xavi Hernandez. Es sei ein schreckliches Spiel gewesen, ein Debakel. «Wir haben alles falsch gemacht», so der 34-Jährige. Ähnlich sah es Goalie Iker Casillas: «Wir müssen uns entschuldigen. Und ich bin der Erste.» Der langjährige Captain konnte auch in der Nationalmannschaft seine Formbaisse der letzten Monate nicht kaschieren. Bei Real Madrid ist er seit längerem nicht mehr die unumstrittene Nummer 1, spielte zuletzt nur noch im Cup und in der Champions League, gewann in diesen Wettbewerben aber immerhin beide Titel. Gegen Holland sah Casillas bei mindestens zwei Gegentreffern alles andere als gut aus.
War der Freitag, der 13. (Juli), der Anfang vom Ende der «Goldenen Generation» der Spanier, der prägendsten, dominantesten und erfolgreichsten Nationalmannschaft seit der brasilianischen «Seleçao» um den dreifachen Weltmeister Pelé (1958 bis 1970)? Oder schafft die «Furia Roja» noch einmal ein Comeback, ähnlich wie es ihr vor vier Jahren in Südafrika gelungen ist, als die Spanier nach dem 0:1 zum Auftakt gegen die Schweiz dank sechs Siegen in Folge doch noch zum ersten WM-Titel kamen?
In Salvador setzte Trainer Vicente Del Bosque noch einmal auf seine alte Garde – das Nonplusultra der letzten Jahre. Jene Spieler, die als erste Mannschaft von 2008 bis 2012 drei grosse Turniere in Serie gewinnen konnten und dabei in 19 Spielen nur 6 Gegentreffer erhalten hatten, soll(t)en es auch in Brasilien richten. Von den gegen Holland eingesetzten Spielern waren nur Cesar Azpilicueta und Diego Costa bei keinem EM- oder WM-Titel dabei.
Die Ausgangslage präsentiert sich schwieriger als vor vier Jahren. Bekundeten die Spanier damals in Durban noch viel Pech, als sie der Schweiz unterlagen, wurden sie nun von den Holländern nach allen Regeln der (Fussball-)Kunst vorgeführt. Die Defensive um Captain Casillas und die Innenverteidiger Gerard Piqué und Sergio Ramos offenbarte kaum für möglich gehaltene Schwächen, und das Mittelfeld mit Xavi Hernandez, Andres Iniesta, Sergio Busquets, David Silva und Xabi Alonso konnte für einmal kaum Akzente setzen.
Hinzu kommt, dass die Spanier ihr Schicksal nur noch bedingt in den eigenen Händen haben. Auch wenn sie gegen Chile und Australien gewinnen sollten, könnten sie – je nach Ausgang der anderen Partien – aufgrund der schlechteren Tordifferenz gegenüber Holland und Chile die Achtelfinals verpassen.