Jugendliche sind in der Öffentlichkeit seltener gewalttätig, bei der Zahl sexueller Straftaten gibt es dagegen wenig Veränderung. Gewalt wird öfter virtuell ausgeübt, wie aus einer Studie hervorgeht.
Körperverletzungen, Raub oder Erpressungen seien in den letzten Jahren stark zurückgegangen, sagte Denis Ribeaud von der ETH Zürich am Mittwoch in Lugano. Dort tauschten sich über 300 Fachpersonen aus der ganzen Schweiz über Präventionsmassnahmen im Bereich der Jugendgewalt aus.
Ribeaud und seine Kollegin Sonia Lucia vom Waadtländer Universitätsspital CHUV verglichen die Situation der Jugendgewalt in Zürich und Lausanne miteinander.
Weniger Gewalt im öffentlichen Raum
Formen von Körperverletzung und Raub unter Jugendlichen hätten abgenommen, erklärten die Forscher. Dies sei vor allem auf zwei Faktoren zurückzuführen: Der Drogen- und Alkoholkonsum bei Jugendlichen sei in den vergangenen 12 Monaten zurückgegangen. Ausserdem hielten sich Menschen aus dieser Altersgruppe weniger im öffentlichen Raum auf.
Jugendliche blieben dagegen tendenziell öfter daheim – die Verbreitung von Pornos und gewaltverherrlichenden Computerspielen habe zugenommen. Cybermobbing und Online-Hassreden seien neue Formen der Gewalt.
Sexuelle Gewalt sei zudem nicht mehr von Altersunterschieden geprägt. Sie komme immer häufiger auch unter Gleichaltrigen oder zwischen kaum älteren Jugendlichen vor. Die Gewalt durch Ältere in den Familien sei hingegen rückläufig, sagte Sonia Lucia zum Abschluss ihres Vortrags.
Mehr Machos und undurchsichtige Rollenverteilung
Laut den Forschern lassen sich zwei weitere Phänomene unter Jugendlichen beobachten, die 2015 heranwachsen: Opfer seien heute auch oft selbst Gewalttäter – und erstatten selten Anzeige.
Zugleich finde eine «Machoeinstellung» bei männlichen Jugendlichen eine immer grössere Akzeptanz: «Ein richtiger Mann sei bereit zuzuschlagen, wenn jemand seine Familie beleidigt», lautet ein Beispielsatz, den die Forscher zitieren.