Wer ans Mittelmeer auswandert, ist unglücklicher

Schweizer und andere Mittel- und Nordeuropäer, die in ein Mittelmeerland ausgewandert sind, schätzen sich unglücklicher ein als Daheimgebliebene. Dieses unerwartete Resultat präsentierte ein britischer Soziologe in Leeds.

Mann an einem Strand der spanischen Mittelmeer-Insel Ibiza (Archiv) (Bild: sda)

Schweizer und andere Mittel- und Nordeuropäer, die in ein Mittelmeerland ausgewandert sind, schätzen sich unglücklicher ein als Daheimgebliebene. Dieses unerwartete Resultat präsentierte ein britischer Soziologe in Leeds.

David Bartram von der Leicester Universität untersuchte Daten von 265 Auswanderern aus der Schweiz und fünf anderen nordeuropäischen Ländern, die nach Spanien, Portugal, Griechenland oder Zypern ausgewandert sind. Sie wurden gefragt, wie glücklich sie sich auf einer Skala von 1 bis 10 einschätzen würden.

Das Resultat: «Die Nordeuropäer, die nach Südeuropa ausgewandert sind, sind weniger glücklich als die Zurückgebliebenen», sagte Bartram in einer Mitteilung der Hochschule. Die Migranten erreichten einen durchschnittlichen Wert von 7,3 auf der Skala, während Menschen in der Schweiz, Belgien, Deutschland, den Niederlanden, Frankreich und Grossbritannien auf 7,5 kamen.

Dabei hatten die Migranten ein höheres Einkommen als der Durchschnitt in ihrem neuen Land, da sie öfter besser ausgebildet und seltener pensioniert waren. Nach manchen Theorien sollten sie deshalb glücklicher sein, da ihnen dies einen höheren sozialen Status verleiht.

Leben durcheinander gebracht

Das Gegenteil traf jedoch zu. Vielleicht bringe das Auswandern andere Dimensionen des Lebens der Menschen durcheinander, mutmasste Bartram, etwa soziale Bindungen und ein Zugehörigkeitsgefühl. Dies könnte ihr Glücksgefühl beeinflussen und positive Effekte des Auswanderns aufheben.

In der Europäischen Union gebe es viele Gelegenheiten für diese Art der Migration und die Migrationsflüsse seien gross, erklärte der Forscher. Seine Analyse würde jedoch Zweifel schüren, dass dies auch zu einer grösseren Zufriedenheit der Migranten führt.

Die Studie wurde diese Woche an der Jahreskonferenz der British Sociological Association in Leeds präsentiert. Die Daten stammen aus dem European Social Survey, eine Erhebung des gesellschaftlichen Wandels in Europa, die seit 2001 jährlich durchgeführt wird.

732’183 Schweizerinnen und Schweizer lebten im Jahr 2013 laut Bundesamt für Statistik im Ausland. 452’965 lebten in Europa, davon wiederum drei Viertel in unseren vier grossen Nachbarländern Frankreich, Deutschland, Italien und Österreich. In den vier untersuchten Mittelmeerländern wohnten 31’128 Schweizerinnen und Schweizer.

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