Wer mit dem Bär tanzt: «Paddington»

«Paddington» ist sicher die schönste Art, sich langsam Gedanken über Weihnachten zu machen. Und das Kinderherz freut’s: Im Mittelpunkt steht, ob rülpsend, ob tollpatschend, ob als Flüchtling aus Peru, oder als Problembär – ein Teddy-Kind. Wer hätte als Kind nicht manchmal lieber den Teddybär mit auf die Insel genommen als Mama? Hat uns ein Teddy […]

«Paddington» ist sicher die schönste Art, sich langsam Gedanken über Weihnachten zu machen. Und das Kinderherz freut’s: Im Mittelpunkt steht, ob rülpsend, ob tollpatschend, ob als Flüchtling aus Peru, oder als Problembär – ein Teddy-Kind.

Wer hätte als Kind nicht manchmal lieber den Teddybär mit auf die Insel genommen als Mama? Hat uns ein Teddy je verboten, vom Gutziteig zu naschen? Oder bei Omas Geburtstagsessen zu rülpsen? Oder uns gar aufgefordert, pünktlich im Schwimmunterricht zu erscheinen?

Und wer hätte sich selber nicht manchmal gewünscht ein Teddy zu sein, der einfach gähnen darf, wenn er muss, und auch mal am Morgen im Bett liegenbleiben? In Kinderbetten ist der Teddy ein Klassiker. Ebenso siegt unter den Kinder-Büchern «A Bear called Paddington» von Michael Bond. Seit 1958 ist der Bär in vierzig Sprachen und samt der Bärensprache ein unbestrittener Liebling der Kinder. 

Der Bär hats schwer

«Paddington» fasst den Prototyp der Kinderängste und der kindlichen Geborgenheitswünsche in eine zauberhaft krude Geschichte. Aus den dunklen peruanischen Regenwäldern geflohen, steht der kleine Bär plötzlich mitten in London, und will nur eines: Zuhause sein. Er schaut dem Treiben der Erwachsenen zu, wie ein Kind, das schon fast mehr weiss, als die Erwachsenen selbst. Wie schwer es ist, in die Welt der gut erzogenen Erwachsenen in London hineinzuwachsen, das kann nur ein Kind wissen, oder ein – Bär.




Auch wenn der «Paddington»-Film die Zeit der Fünfziger-Jahre nicht verlässt, auch wenn die Familie, die den kleinen Flüchtling aufnimmt, in einer gar heilen Welt lebt (selbst die Flucht des Bären aus dem Regenwald ist einem Erdbeben geschuldet, das die Bäume hat umfallen lassen): Diese Geschichte ist genau so zuckersüss wie die Weihnachtszeit, die sich mit ihm ankündigt: Da wollen wir gerne auch einmal über Regenwald und Flüchtlinge nachdenken, ohne dass es jemandem weh tun muss – als wären wir alle eine grosse Familie, die den im Boot gelandeten Flüchtlings-Bär aufnehmen will.

Hier tanzt der Bär

Dem Kinderherz in uns tuts gut: Der kleine Bär hat denn auch genau jene unverbrauchte Mischung aus Weisheit und Frechheit, auf die Eltern bei Kindern hoffen sollten. Er rülpst. Spricht Fremdsprachen. Steht auf eigenen Beinen. Und er trifft die Richtigen: Die Familie Brown bringt ihm genau jene Neugier entgegen, auf die jedes Kind, das aus dem Paradies in diese Welt geflohen ist, zuteil werden müsste.

Bond – my name ist Bond

Wer das  Kinderbuch von Michael Bond kennt, wird sich auch freuen dürfen: Bond bleibt Bond. Unberechenbar, feinfühlig, und etwas weise. Die Produzenten von «Harry Potter» lassen es den Regisseur Paul King mit distinguiertem englischen Sozialgefühl und Humor übersetzen. Wie «Oliver Twist» entdeckt der peruanische weise Waise «Paddington» in London die Welt. Sogar eine Feindin darf nicht fehlen: Nicole Kidman spielt die Böse, eine verbissene Tierpräparatorin, und trägt auch dazu bei, dass der Kinderspass auch erwachsene Herzen erfreut: Hugh Boneville («Monuments Men») und Sally Hawkins («Happy-Go-Lucky») tragen mit Julie Waters feine britische Schauspieltradition bei.

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