Die schweren Turbulenzen der Kloten Flyers werfen Fragen auf. Wer orchestrierte die abrupten Ausstiegspläne der nordamerikanischen Klubeigner? Welche Rolle spielen Westschweizer Akteure?
Noch ehe die Kloten Flyers ihr 0:4 im Playoff-Viertelfinal gegen Davos verdaut hatten, erreichten sie über Umwege die nächsten Bad News. Der «Blick» machte das sofortige Rückzugsbegehren der kanadischen Besitzergruppe «Avenir Sports Entertainment» (ASE) publik.
Den Informations-Lead übernahm am letzten Freitag das Medienhaus an der Dufourstrasse, dem Klub entglitt die Kontrolle der eigenen Agenda zusehends. Und schon kurz nach den ersten «Crash»-Meldungen kursierte auf der Boulevard-Plattform das (unbestätigte) Szenario, im Wallis liege für die NLA-Lizenz der klammen Zürcher eine Millionen-Offerte vor.
Bis Mitte April müssten entsprechende (Transfer-)Papiere der Liga vorgelegt werden. Die Konkurrenz verfolgt die Entwicklung gespannt, mit einem Verschwinden des Standorts Kloten rechnet man indes nicht. «Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Klub in eine andere Stadt verpflanzt wird», sagt der ZSC-Lions-CEO Peter Zahner. «Das funktioniert in der Schweiz nicht.»
McSorleys Rolle
Gemäss der Zeitung «Nouvelliste» handelt es sich beim angeblichen Walliser Interessenten um einen vermögenden schwedischen Geschäftsmann mit Wohnsitz auf dem Hochplateau. In den umfangreichen Recherchen kommt auch Chris McSorley vor. Der Coach und Mitbesitzer von Genève-Servette soll zusammen mit Ken Stickney und in Begleitung eines Agenten die Grabenhalle in Siders besichtigt haben – noch vor Stickneys fliegendem Wechsel aus dem Präsidium Klotens in die Organisation des HC Lausanne.
McSorleys Name taucht im erweiterten Kontext mit dem bedrohlichen Sinkflug der Flyers wohl nicht rein zufällig auf. Der Servette-Zampano ist nach bald 15-jährigem Engagement in der Westschweizer Metropole auch in den übrigen Teilen der Hockey-Schweiz ausserordentlich gut vernetzt.
Beim Einstieg der kanadischen Investoren in Kloten wirkte McSorley nach Informationen mehrerer gut dokumentierter Insider als massgebender Türöffner. Als der frühere Geldgeber Philippe Gaydoul eine Nachfolgelösung anstrebte, soll McSorley die zahlungskräftige, aber offenbar ungeduldige Runde vermittelt haben.
Am Lac Léman ist eine nicht zu unterschätzende Drehscheibe entstanden – Stickneys Frontenwechsel und die heikle, inzwischen beendete Liaison von Servette-Boss Hugh Quennec mit Lausanne (als Teilhaber) sind für NLA-Verhältnisse mehr und mehr als Schachzüge einer neuen Business-Dimension zu werten.
Kommt Hans-Ulrich Lehmann?
Die Kloten Flyers wollen sich indes nicht zum bevormundeten und ferngesteuerten Nebendarsteller degradieren lassen. Der Klub mit der längsten ununterbrochenen NLA-Zugehörigkeit (seit 1962) sucht fieberhaft nach neuen Partnern und wird ein einschneidendes Sparpaket schnüren müssen. Kostensenkungen von fünf bis sechs Millionen Franken stehen im Raum. Entsprechende Zahlen bestätigte die Kommunikationsabteilung der Flyers.
Ein freiwilliger Rückzug kommt für niemanden infrage – wohl auch für Gaydoul nicht, der noch immer im Verwaltungsrat sitzt. Dem Vernehmen nach soll Hans-Ulrich Lehmann erneut kontaktiert worden sein. Der Hotelbesitzer und sportaffine Unternehmer stand schon nach dem Ende der ruinösen Ära von Jürg Bircher 2012 als Retter in der Finanznot zur Debatte.