Die Redaktion der Westschweizer Tageszeitung «Le Temps» wird verkleinert. Sie reagierte mit freiwilligen Abgängen auf drohende Entlassungen durch das Medienhaus Ringier und zeigte sich besorgt über die Qualität der Zeitung.
Ringier spricht indes von einer «guten Vereinbarung». Man habe der Redaktion am Montag 8 Entlassungen (7,3 Vollzeitstellen) angekündigt, sagte Daniel Pillard am Donnerstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Pillard ist Direktor von Ringier Romandie.
Die Vereinigung der Redaktion und des Personals der Zeitung habe der Direktion darauf eine Liste mit zehn Personen vorgelegt, die freiwillig die Arbeit bei «Le Temps» beenden wollen. Diese zehn Personen entsprechen gemäss Pillard 8,8 Vollzeitstellen.
Ringier habe sich einverstanden erklärt, die eigene Liste durch jene der Personalvereinigung zu ersetzen, sofern die Zahl der Abgänge nicht höher als zehn liege und damit die Produktion der Zeitung nicht beeinträchtigt werde, sagte Pillard.
Weil die freiwilligen Abgänge gut aufgeteilt seien, sei die Zeitung nicht in Gefahr. Die betroffenen Personen können per sofort gehen. Ihnen werden fünf Gehälter – zwei Löhne mehr als im Vertrag vorgesehen – ausbezahlt.
Technisch gesehen handelt es sich dennoch um Entlassungen. Dadurch seien die Betroffenen nicht von der Arbeitslosenkasse benachteiligt, sagte Pillard. Er sprach von einem guten Ausgang der Gespräche mit den Sozialpartnern.
Redaktion besorgt über Qualität der Zeitung
Die Vereinigung der Redaktion und es Personals von «Le Temps» teilt den Optimismus des Direktors von Ringier Romandie nicht. Ein Mitglied kritisierte gegenüber der sda den enormen Preis für die Redaktion, welche besorgt sei über den Arbeitsrhythmus und die Qualität der Zeitung.
Die Vereinigung begrüsste dennoch, dass Ringier Romandie darauf eingetreten sei, eine Art «Schalter für Entlassungs-Kandidaturen» zu schaffen. Nach Angaben des Mitglieds der Redaktionsvereinigung befinden sich acht Journalisten unter den zehn Entlassenen.
Das Medienhaus Ringier hatte die Tageszeitung «Le Temps» im April 2014 vollständig übernommen. Zuvor hatte die Zeitung dem Medienhäusern Tamedia und Ringier zu je 46,2 Prozent gehört.
Weil Ringier Romandie ungefähr 250 Personen beschäftigt, handelt es sich nicht um eine Massenentlassung. Das dafür vorgesehene Verfahren gilt erst ab einer Entlassung von mindestens zehn Prozent des Personalbestands, was 25 Mitarbeitenden entsprechen würde.
Der Journalistenverband Impressum bedauerte in einer Mitteilung die «schmerzlichen» Entlassungen, begrüsste aber die Tatsache, dass eine alternative Lösung ausgehandelt werden konnte.
Newsroom ab Mai
Neben der verkleinerten Redaktion kommt es bei «Le Temps» zu weiteren Änderungen. Am 2. Mai nimmt der gemeinsame Newsroom mit «L’Hebdo» und «Edelweiss» in Lausanne den Betrieb auf. Die Zusammenführung der Redaktionen war bereits im vergangenen September angekündigt worden.
Im Newsroom werden rund 90 Journalisten tätig sein, darunter 70 von «Le Temps», rund 15 von «L’Hebdo» und 5 von «Edelweiss». Am bisherigen Hauptsitz der «Le Temps» in Genf bleiben nur rund zehn Mitarbeitende.
«Edelweiss»: Personal halbiert
Anfang März gab Ringier bekannt, dass die Frauenzeitschrift «Edelweiss» mit dem Deutschschweizer Pendant «Bolero» fusionieren wird. Durch die Fusion wird das Personal von «Edelweiss» nun auf fünf Personen halbiert.
Die verbleibenden Angestellten werden in der «Life Style Factory» zusammengeführt, welche die entsprechenden Seiten für «Le Temps», «L’Hebdo» und die Westschweizer Ausgabe von «Bolero» produzieren wird.