Whisteblower outet sich: «Ich will nicht in einer Gesellschaft leben, die so etwas macht»

Der Informant hinter den jüngsten Enthüllungen über die Internet-Überwachung durch den US-Geheimdienst heisst Edward Snowden, ein 29-jähriger Techniker, wie die britische Zeitung «The Guardian» enthüllte. In Genf erlebte er, wie ein CIA-Agent einen Schweizer Banker austrickste. Erfahrungen wie diese hätten ihn dazu bewogen, die Machenschaften der USA preiszugeben.

Der Whistleblower outet sich: Edward Snowden, Amerikaner in Hongkong, gibt dem «Guardian» ein Interview. (Bild: Videostill)

Der Informant hinter den jüngsten Enthüllungen über die Internet-Überwachung durch den US-Geheimdienst heisst Edward Snowden, ein 29-jähriger Techniker, wie die britische Zeitung «The Guardian» enthüllte. In Genf erlebte er, wie ein CIA-Agent einen Schweizer Banker austrickste. Erfahrungen wie diese hätten ihn dazu bewogen, die Machenschaften der USA preiszugeben.

Snowden sagt, er sei mehrere Jahre als Mitarbeiter anderer Unternehmen im US-Geheimdienst NSA tätig gewesen. Die Identität werde auf sein Bitten  preisgegeben. «Ich will nicht in einer Gesellschaft leben, die so etwas macht», erzählt er einem «Guardian»-Reporter im Video-Interview. Snowden befindet sich in Hongkong, schätzt an der chinesischen Stadt die Möglichkeit, sich frei äussern zu können. «Das Internet wird hier nicht gefiltert», behauptet er gar.

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Die aktuelle Titelgeschichte der TagesWoche befasst sich ebenfalls mit dem Thema Datenüberwachung – und zwar in der Schweiz.

«PRISM» heisst das Programm in den USA, in der Schweiz spricht man vom «Büpf».

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Nach den von Snowden enthüllten Dokumenten sammelt der US-Geheimdienst in grossem Stil Daten bei Internet-Diensten wie Google, Facebook und Microsoft. 2007 habe ihn der CIA – diplomatisch geschützt – in Genf stationiert. Er trug die Verantwortung über Computer-Netzwerke und hatte Zugang zu geheimen Dokumenten. Dieser Zugang, sowie die Erfahrung im Umfeld von CIA-Agenten, führten dazu, dass Snowden die Richtigkeit dieser Tätigkeiten zu hinterfragen begann, schreibt der «Guardian».

CIA-Agent füllte Schweizer Banker ab

So habe er miterlebt, wie CIA-Agenten einen Schweizer Banker zum Trinken animierten und ermutigten, sich betrunken ans Steuer zu setzen. Als der Banker verhaftet worden sei, habe der Undercover-Agent Hilfe angeboten, um so Vertraulichkeit zu schaffen und dem Angestellten einer Schweizer Bank Informationen zu entlocken. «Vieles was ich in Genf sah, hat mich echt desillusioniert», sagt Snowden über die Vorgehensweise der US-Behörden.

US-Regierung: «PRISM ist kein Daten-Staubsauger»

Die US-Regierung hat sich zuvor unter wachsender Kritik erstmals ausführlicher zu Berichten über die Daten-Sammlung im Internet geäussert. Das System «PRISM» sei kein Daten-Staubsauger.

«PRISM» ist kein geheimes Programm zum Sammeln oder Aufsaugen von Daten«, erklärte US-Geheimdienstkoordinator James Clapper am Samstag. «Es ist ein internes Computersystem der Regierung.»

Es diene dazu, das gesetzlich erlaubte Sammeln elektronischer Informationen bei der Auslandsaufklärung zu unterstützen. Die Regierung erhalte Informationen von Servern amerikanischer Internet-Unternehmen nur auf Gerichtsbeschluss.

Die Zeitungen «Washington Post» und «Guardian» hatten berichtet, dass sich der Geheimdienst NSA mit dem «PRISM»-System einen direkten Zugang zu Daten von Nutzern bei grossen Internet-Konzernen verschaffen könne. «Sie können buchstäblich sehen, wie Ihre Ideen entstehen, wenn Sie tippen», sagte der Informant der «Washington Post».

«The Guardian»: Weitere Enthüllungen

Der «Guardian» setzte unterdessen seine Enthüllungsserie fort und berichtete von einem System der NSA, das einen Überblick über die weltweit gesammelten elektronischen Informationen gebe. Es heisse «Boundless Informant» (etwa: grenzenloser Informant) und zeige unter anderem an, wie sich die Daten auf einzelne Länder verteilen.

Allein im März habe die NSA laut dem System 97 Milliarden Daten-Einheiten aus Computer-Netzwerken in aller Welt gesammelt. Davon entfielen 14 Milliarden auf den Iran und 13,5 Milliarden auf Pakistan, wie der «Guardian» berichtete.

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