Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) drückt wegen des Zika-Virus aufs Tempo. Am vordringlichsten sei die Entwicklung von Diagnoseverfahren und Vorbeugemassnahmen, um Schwangere und ihre Babys zu schützen, sagte WHO-Zika-Expertin Marie-Paule Kieny am Mittwoch in Genf.
Aktuell suchten mehr als 60 Firmen und Forschungsinstitutionen nach geeigneten Diagnoseverfahren, nach einem Impfstoff, nach Medikamenten oder nach Methoden, um die Ausbreitung der krankheitsübertragenden Moskitos (Aedes aegypti) zu verringern, sagte Kieny.
Die Entwicklung eines Impfstoffs sei noch in einer frühen Phase. «Für den aktuellen Ausbruch in Brasilien kommt er wohl zu spät», sagte sie. Jorge Kalil, der in Brasilien an der Entwicklung eines Impfstoffes arbeitet, rechnet mit mindestens drei Jahren bis ein solcher gegen das Zika-Virus bereit steht, wie er in Genf sagte.
Zurückhaltend äusserten sich die WHO-Experten zum möglichen Erfolg der Mückenbekämpfung. «Bei Zika wissen wir nicht, ob das funktionieren wird», meinte Kieny. Am ehesten verspreche eine Kombination von Verfahren der Moskito-Bekämpfung eine Wirkung, heisst es in dem Experten-Bericht. Da die Infektion für die meisten Menschen harmlos verlaufe, sei die Entwicklung von Medikamenten am wenigsten eilig.
Weitere Schäden bei Föten möglich
Die WHO hatte kurz zuvor berichtet, dass der Zika-Erreger wohl nicht nur für Schädelmissbildungen bei Babys (Mikrozephalie) verantwortlich sei, sondern auch als Ursache für weitere schwere Hirn- und Wachstumsschäden bei Föten in Frage komme.
Das Zika-Virus ist nach Erkenntnissen WHO gefährlicher als bisher angenommen. «Die geografische Verbreitung ist weiter, die Risikogruppe grösser, und zu den Übertragungswegen gehört neben Mückenstichen auch Geschlechtsverkehr», sagte WHO-Direktorin Margaret Chan am Dienstagabend in Genf. «Das ist alarmierend.»
Im Zentrum der Sorge stünden weiterhin Schwangere. Die WHO riet ihnen ab, betroffene Gebiete zu bereisen. Schnelle Erfolge seien weder beim Impfstoff noch bei der Bekämpfung der krankheitsübertragenden Mücken zu erwarten.
Die WHO hatte wegen der Ausbreitung des Zika-Virus vor allem in Brasilien vor fünf Wochen den globalen Gesundheitsnotfall ausgerufen. Zika ist bisher weltweit in mehr als 50 Ländern nachgewiesen worden.
Seit 2015 hat sich der Erreger rasant in Lateinamerika ausgebreitet. Er wird vor allem von bestimmten Stechmücken übertragen. Viele Infizierte erkranken nicht oder bekommen nur grippeähnliche Symptome.
Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich Zika ähnlich ausbreite wie das Dengue-Fieber, sagte Chan. An den grippeähnlichen Symptomen von Dengue erkranken jährlich schätzungsweise 50 bis 100 Millionen Menschen.
Keine generelle Reisewarnung – Staaten verantwortlich
Es liege in der Verantwortung eines jeden Staates, betroffene Gebiete genau zu bezeichnen, sagte der Vorsitzende des Notfall-Komitees, David Heymann. «Und es liegt in der Verantwortung der Frauen zu entscheiden, ob sie reisen wollen oder nicht.»
Die WHO sprach keine generelle Reisewarnung aus, empfahl aber Schwangeren, nicht in Zika-Gebiete zu reisen. Werdende Mütter, deren Sexualpartner in betroffenen Gegenden lebten, sollten während der Schwangerschaft nur geschützten Geschlechtsverkehr haben.